: Echternach: Beifall satt - bis nix mehr ging
■ Ottenser klatschten CDU-Politiker mundtot / Küster verhinderte Polizeieinsatz
Schlicht und einfach nicht zu Wort kam Montag abend der ehemalige Hamburger CDU-Chef Jürgen Echternach. Der Politiker, der in Altona wieder ein Bundestags-Direktmandat anstrebt, hatte Ottenser Bürger zur Diskussion über die Zukunft ihres Stadtteils ins Gemeindehaus der Christianskirche an der Susettestraße eingeladen. Doch dort erwarteten ihn neben zwei Dutzend Zuhörern die Nebelschwaden einer Stinkbombe und die versammelte Ottenser Szene.
„Ich bin sicher, daß wir auch mit Andersdenkenden einen Dialog führen können“, sagte Echternach zu Beginn und forderte einen der „Autonomen“ auf, sich neben ihn aufs Podium zu setzen. Doch ihm hallten nur spöttische „Perschau! Perschau!“-Rufe entgegen. „Laßt den Mann doch mal ausreden“, empörte sich scheinbar ein Zuschauer, darauf der nächste „ja, laßt ihn doch bitte mal ausreden“. Und wieder Applaus. Wann immer der Bonner Staatssekretär die Stimme erhob, toste Beifall in den hinteren Reihen. Man ließ den Mann im Anzug einfach nicht ausreden.
Da nützte es wenig, daß vor der Tür eine Hundertschaft bereit stand. Die Polizei werde die Durchführung der Informationsveranstaltung „sicherstellen“, hatte die Innenbehörde mitgeteilt. Da zuvor der Wirt des Jever-Krugs, in dem die Veranstaltung ursprünglich stattfinden sollte, telefonisch bedroht worden war, hatte man weiträumig Straßensperren errichtet, um Passanten zu durchsuchen.
Doch die Störer kamen nicht mit Waffen, sie kamen mit Beifall. „Ich werde jetzt vom Hausrecht Gebrauch machen und den hinteren Saal räumen lassen“, gab Echternach nach 45 Minuten genervt auf. „Dürfen sie das denn? Hat denn hier nicht nur der Herrgott das Hausrecht?“, spöttelte ein junger Mann. Die Situation spitzte sich zu, als 30 Polizisten in den Raum drängten. Da mischte sich der Küster der Kirche ein und ermahnte Echternach, auf Gewalt zu verzichten. Er müßte die Situation aushalten, damit ein „evolutionärer Prozess“ in Gang komme und ein Dialog nächstes Mal vielleicht möglich sei.
Doch Echternachs vorab veröffentlichte Thesen scheinen so provokant, daß ein Gespräch wohl tatsächlich kaum zustande kommen kann. Ottensen habe zuviele „Asylbewerber und Sozialprojekte“, hatte er jüngst auf einer Pressekonferenz gesagt. Wohnschiffe, Punker und Bettler müßten über die Stadt verteilt und Häuserprojekte durch Kindertagesstätten ersetzt werden.
Er sei falsch zitiert worden, behauptete Echternach zum Schluß, während seine Parteifreunde sich mühten, Adressen interessierter Zuhörer zu sammeln, die man zu einer geschlossenen Veranstaltung laden könnte - in öffentlichen Räume suchen, in denen es möglich sei, „die Veranstaltung notfalls mit Ordnungskräften durchzusetzen“. Unter dem Dach des Herren soll es keinen zweiten Versuch geben.
KaijaKutter
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen