: Betr.: "Erfolg für Ankara - Bonn verbietet kurdische PKK", taz vom 27.11.1993
[...] Wäre ich der Bundesinnenminister, so würde ich mich zutiefst schämen, überhaupt irgendeine kurdische Organisation zu verbieten. Es ist schließlich eine Tatsache, daß sich die Deutschen durch ihre Lieferungen in Sachen Giftgas, Panzer, Waffen, Munition etc. in hohem Maße mitschuldig gemacht haben am Tod Zigtausender Kurden. Vor dem Gesetz ist der, der einem anderen die Waffe zum Mord in die Hand drückt, mitschuldig am Mord.
Sie sind ja nicht nur mitschuldig am Elend der Kurden in der Türkei; man denke nur an die vom deutschen Staat wohlwollend geförderten Waffenlieferungen an den Irak oder an die Rolle des Herrn Schmidtbauer beim freundlichen Empfang des iranischen Geheimdienstchefs im Vorfeld des Mykonos-Prozesses. Die Bundesanwaltschaft, die die Untersuchungen nach dem Mord an vier kurdisch-iranischen Politikern an sich zog, hat natürlich gern von der Gelegenheit Gebrauch gemacht, die PKK als mögliche Täter ins Spiel zu bringen. Klar wider besseren Wissens.
[...] Die große Mehrheit der Kurden – hier wie in der Heimat – sind der PKK durchaus dankbar für ihre Leistungen in den letzten 15 Jahren. (Ich rede nicht einmal von militärischen Leistungen.) Das Wichtigste ist für uns Kurden der ungeheuer große Stimmungswechsel in unserem Volk. Es ist unglaublich, wie viele Menschen sich nun endlich zu ihrem „Kurde- Sein“ bekennen. Das Gefühl der erbärmlichen Machtlosigkeit ist einem ungeheuren Optimismus und Stolz gewichen. Zahllose kurdische Publikationen, Musikkassetten, Videofilme, Veranstaltungen stärken nun das kurdische Selbstbewußtsein. [...]
Die PKK hatte im Frühjahr ein Waffenstillstandsangebot gemacht, mit beachtlichen Vorleistungen; sie hatte Ihre Regierung gebeten, mit irgendeiner kurdischen Partei Kontakt aufzunehmen (nicht einmal mit der PKK selbst!). Ihre Regierung hat abgelehnt. Wann haben Sie der PKK/ den Kurden jemals eine echte Chance gegeben?
Wenn die PKK – mit freiwilliger Unterstützung großer Teile des kurdischen Volkes – für die Freiheit kämpft und zum großen Teil auch einfach ihr Volk verteidigt gegen Brandschatzung und Mord – wer ist dann der Aggressor? Die Türkei hat den Kurden schon vor 70 Jahren den Krieg erklärt, indem sie ihre Existenz negierte und in Folge versuchte, die kurdische Identität zu vernichten, zu assimilieren, auszulöschen. Dies alles von Anfang an mit massiver westlicher, auch deutscher, Unterstützung.
[...] Wenn ich Sie in Ihrer Pressekonferenz richtig verstanden habe, möchten Sie am liebsten so eine Art „Dorfschützersystem“ (Spitzelsystem) unter den in Deutschland lebenden Kurden einführen. Sie bieten ja sogar, ganz nach türkischem Vorbild, Kollaborateuren Ihren Schutz an. Ich wäre nicht stolz auf mich, wenn ich so fremde Ideen abkupfern würde, die im übrigen auch in der Türkei nicht gerade gut funktionieren.
Herr Innenminister, Sie wissen, daß Sie mit der Türkei ein Regime unterstützen, daß die Völker- und Menschenrechte mit Füßen tritt! [...] Hammade, kurdischer Künstler
(Liedermacher und Schreiber)
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