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In Sachsen-Anhalt soll es bei der Koalition bleiben

■ FDP will Regierungskoalition mit der Union fortsetzen und vorgezogene Wahlen

Magdeburg (taz) – Die FDP von Sachsen-Anhalt will die bisherige Koalition mit der CDU fortsetzen und sich weiterhin mit eigenen Ministern an der Landesregierung beteiligen. Darauf einigten sich die tief zerstrittenen Liberalen am Samstag in Magdeburg. In Verhandlungen mit der Union will die FDP erreichen, daß die ursprünglich erst für den Herbst geplanten Landtagswahlen auf einen möglichst frühen Termin vorverlegt werden. Vermutlich stimmen die Bürger des Landes bei den Kommunal- und Europawahlen im Juni also auch über die Zusammensetzung des Magdeburger Landtages ab. Damit hat sich die Landtagsfraktion im parteiinternen Streit durchgesetzt. Der Landesvorsitzende Peter Kunert blieb mit seiner Forderung nach sofortigen Neuwahlen auf der Strecke.

Kunert war auch beim Landesparteitag der CDU am Samstag in Magdeburg das Ziel heftiger Angriffe. Es könne nicht angehen, daß man frei gewählte Abgeordnete mit Einschüchterungen so massiv unter Druck setze, sagte der neue Ministerpräsident Christoph Bergner und sandte noch einmal deutliche Signale in Richtung FDP. Er sei zu einer Fortsetzung der Koalition mit der FDP bereit.

Bei ihrem schon lange geplanten Landesparteitag setzte die Union vor allem einen Schlußpunkt unter die Gehälteraffäre, die das Land in die tiefe Regierungs- und Koalitionskrise gestürzt hatte. Die CDU demonstrierte Geschlossenheit und lud ihren Frust auf dem zurückgetretenen Regierungschef Werner Münch ab. „Tief betroffen nehmen wir Abschied von unserem ehemaligen Ministerpräsidenten Professor Dr. Werner Münch“, rief die Junge Union Bitterfeld dem scheidenden CDU- Landesvorsitzenden per Flugblatt nach. „Fassungslos stehen wir vor dem von ihm angerichteten Scherbenhaufen.“ Der CDU-Nachwuchs traf damit offenbar die Stimmung an der Parteibasis. Münchs politische Abschiedsrede auf dem Parteitag wurde mehrfach von Zwischenrufen wie „Jetzt reicht's aber!“ unterbrochen.

Solidarität demonstrierten die Delegierten dagegen mit den ebenfalls von der Gehälteraffäre betroffenen Ministern Hartmut Perschau (Inneres) und Werner Schreiber (Soziales). Bei ihren Kandidaturen für den Parteivorstand fuhren die beiden die besten Ergebnisse ein. Neuer Landesvorsitzender der Union in Sachsen- Anhalt wurde der bisherige Bauminister Karl-Heinz Daehre.

Der neue Ministerpräsident Christoph Bergner machte vor den Delegierten des Parteitags überdies deutlich, daß sein Plan, die von der Affäre betroffenen Minister nicht wieder an der Landesregierung zu beteiligen, nicht unbedingt das letzte Wort in Sachen politische Zukunft von Schreiber und Perschau ist. „Es geht mir darum, politische Zugpferde vorübergehend auszuschirren, und nicht darum, sie zu schlachten“, sagte er. Zuvor hatte er auf die Kandidatur für dieses Amt verzichtet, um die Chancen Perschaus bei dessen Kandidatur zu verbessern. Eberhard Löblich

Siehe auch Porträt auf Seite 11

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