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Das Kabinett des Dr. Voscherau

■ SPD und Statt Partei segneten am Wochenende neues Hamburger Kabinett ab / Die Runde der SenatorInnen ist komplett / Drei Frauen bilden das feminine Viertel

Hamburg (taz) – Henning Voscherau hat's geschafft. Der Senat ist komplett, die Partei gezähmt. Am Freitag abend hatten Landesvorstand und Sonderparteitag der Hamburger Sozialdemokraten das Personaltableau des Bürgermeisters abgenickt. Und das, obwohl Überraschungen nicht ausgeblieben waren: Der im Strahlen-Skandal am Universitätskrankenhaus Eppendorf schwer angeschlagene Wissenschaftssenator Leo Hajen durfte aus Proporzgründen bleiben, dafür wurde Finanzsenator Wolfgang Curilla, mit 15 Jahren Amtszeit in diversen Ressorts der Senats-Dino, ebenso in Pension geschickt wie der blasse Bonn- Senator Peter Zumkley und Justizsenatorin Lore Maria Peschel- Gutzeit, auf deren Job die Statt Partei Anspruch erhoben hatte.

Curillas Nachfolger wurde Sozialsenator Ortwin Runde, die mattrote Eminenz des linken Flügels. Für ihn rückte die stellvertretende Parteichefin Helgrit Fischer-Menzel als einzige SPD-Kabinettsneuheit nach. Nun darf sich die linke Soziologin ihre ausgabenintensiven Etats für Arbeitslose und Asylbewerber vom Rotstift ihres Vorgängers und Vertrauten Runde zusammenstreichen lassen.

Zum Supersenator stieg Voscherau-Adlatus Thomas Mirow auf. Zu seinem Job als Rathaus-Senator bekam er die Stadtentwicklungsbehörde hinzu, die nach dem Rücktritt von Traute Müller vor drei Wochen wegen der Stasi-Tätigkeit ihres Freundes verwaist war. Daß Technokrat Mirow die „kommunikative Planungskultur“ Müllers fortsetzen wird, wagt niemand zu hoffen. Gestärkt wurde zudem die parteilose Kultursenatorin Christina Weiss, die aus Traute Müllers Nachlaß das Amt für die Gleichstellung der Frau übernahm. Zu Fischer-Menzel und Weiss gesellt sich noch die alte und neue Schulsenatorin Rosi Raab: Drei Frauen im 12er-Senat bilden das feminine Viertel.

Verhaltene Kritik am Bürgermeister wagten auf dem Parteitag nur wenige Linke, und auch nur hinter vorgehaltener Hand: 270 der 280 Delegierten bescherten Voscherau das erwartete Traumergebnis. So gestärkt holte dieser gleich zum großen Wurf aus: In Hamburg sei eine „bundesweit bedeutende politische Weiche“ gestellt worden, denn die Statt Partei sei „für die SPD ein strukturell interessanter Partner“.

Und der wollte am Sonntag nicht nachstehen. Die Mitgliederversammlung akzeptierte das mit der SPD ausgehandelte Abkommen und die von Fraktionschef Markus Wegner für die zwei Senatsposten ausgesuchten Personen. Klaus Hardraht, bislang Staatssekretär von Steffen Heitmann im Dresdner Justizministerium, soll Hamburgs Justizsenator werden. Professor Erhard Rittershaus, Ex-Vorstand des Zigarettenkonzerns BAT, wurde als künftiger Chef der Wirtschaftsbehörde ausgeguckt. Am Mittwoch wird der neue Senat in der Hamburger Bürgerschaft vereidigt werden. Sven-Michael Veit

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