piwik no script img

Vergleich zwischen Kelly und Bastian

■ Familienstreit um das Erbe von Petra Kelly vor dem Münchner Landgericht

München (taz) – Petra Kelly, erschossen von ihrem Lebensgefährten Gerd Bastian und gestorben zwischen dem 2. und 6. Februar 1992, hätte sich wohl in ihren Alpträumen nicht ausdenken können, daß sie posthum noch einmal „das Fräulein Kelly“ sein würde. So geht es den Toten eben, wenn sich die Erben streiten. Um rund 158.000 Mark ging es gestern vormittag vor der 33. Zivilkammer des Münchner Landgerichtes. Kelly hatte sie ihrem Lebensgefährten Bastian im März 1991 für den Fall überlassen, daß sie vor ihm sterben sollte. Bastian hatte angenommen und war damit ihr Erbe, weil er sie, da er sich erst nach ihr erschoß, überlebte. So jedenfalls argumentierte Rechtsanwalt Federer vor der 33. Zivilkammer im Auftrag der Familie Bastian. Dagegen hatte die Mutter von Petra Kelly geklagt.

Vorsitzender Richter Erhard Warwak erwehrte sich der Fernsehkameras ebenso wie der gereizten Anwälte der streitenden Familien. Nach seiner Rechtsauffassung habe Margarethe Kelly kaum eine Chance, an das Geld ihrer Tochter zu kommen, die es dem Ex-General in einem Vertrag überlassen habe, der „unter Lebenden vollzogen“ worden sei. Dabei komme es nicht mehr darauf an, ob Bastian sie möglicherweise gegen ihren Willen erschossen habe. Dann hätte nur er selbst nicht erben können. Doch Bastian sei „unbestritten tot“. Und laut Gesetz solle der nächste Erbe „das moralische Fehlverhalten des Erblassers nicht verantworten“ müssen.

Es sei auch nicht revelevant, ob sie eventuell gemeinsam „in einem einheitlichen Lebensvorgang“ in den Tod gingen, also Bastian, wie die Anwälte von Kelly argumentierten, „nur Sekunden, nur Minuten überlebte“ und daher gar nicht habe erben können. Die Schenkung, so Warwak, sei nun einmal rechtsgültig vollzogen worden.

Dagegen protestierte Anwalt Morgenweg energisch. „Das Fräulein Kelly“ habe das so nicht gewollt. Er werde, kündigte er an, diesen Rechtsstreit bis in die letzte Instanz ausfechten. Der Rauch des Gefechts verzog sich, als Richter Warwak einen Vergleich anbot. Die Klägerin möge sich, schlug er vor, mit einem Drittel des Geldes bescheiden und außerdem ein Drittel der bisher entstandenen Prozeßkosten tragen.

Beide Parteien erklärten sich in Abwesenheit der Betroffenen mit diesem Vorschlag vorerst einverstanden. Rechtsanwalt Morgenweg verwies im Anschluß an das Verfahren darauf, daß es Margarethe Kelly finanziell ohnehin schwergefallen sei, in diesen Rechtsstreit zu gehen. Sein Kollege Federer sagte für Charlotte Bastian, er wolle zur „Wiederherstellung des Rechtsfriedens“ beitragen und „weiteres öffentliches Interesse“ vermeiden. Beide Parteien können es sich bis zum 23. Dezember noch anders überlegen. Das Gericht wird seine endgültige Entscheidung Ende Januar verkünden. Heide Platen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen