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■ Nein Danke!Onkel Rudi

Sülze sollte man essen, nicht schreiben. Ulrich Rosenbaum vom Bonner Büro der Welt denkt nicht dran und setzt uns eine Biographie des SPD-Kanzlerkandidaten Rudolf Scharping vor. Die erste, wie der Autor im Vorwort versichert, um dann Sätze zu servieren wie: „Als Scharping ... Zahnschmerzen plagten, suchte er den Zahndoktor auf. Der ließ ihm die Wahl zwischen künstlichem Gebiß oder Wurzelbehandlung.“ Kostproben aus dem Leben des Kandidaten, die einem so richtig Appetit machen. Ähnlich raffiniert sind die Zutaten, die der Politiker aus eigenem Munde beisteuert. Kein Detail ist Rosenbaum zu platt, keine Episode zu fade, um den Charakter Scharpings zu illustrieren. Dabei bleibt das Wesen des Mannes, der Kohl stürzen will, geruch- und geschmacklos, eine flunderflache Erscheinung ohne besondere Merkmale. Besonders schwer genießbar wird die Mischung, wenn der Autor versucht, sie mit künstlichem Aroma zu würzen. Statt den Kanzler-reifen Satz des Kandidaten: „Wer als erster durchs Ziel geht, hat gewonnen“ kommentarlos zu schlucken, fängt Rosenbaum an, ihn ernsthaft zu interpretieren. Jeder bekommt eben den Biographen, den er verdient. Bascha Mika

Ulrich Rosenbaum: „Rudolf Scharping. Biographie“. Ullstein Verlag, 300 Seiten, 29,90 DM

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