Mit Steuern gegen Umweltdreck

■ Schweden senkt erfolgreich Schwefelausstoß durch Umweltsteuern / Bald Rückschritt durch Beitritt zur EU?

Stockholm (taz) – Schwedens Regierung hat gute Vorsätze für das neue Jahr. Erstens soll künftig jedem Regierungsbeschluß eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorangehen. Und zweitens soll das Steuersystem nach und nach von der Besteuerung der Arbeit auf Steuern für Produkte und deren Auswirkungen auf die Umwelt umgestellt werden. Ausdrücklich wird diese Umorientierung mit den guten Erfahrungen begründet, die mit der Schwefelsteuer und den differenzierten Treibstoffabgaben seit 1991 gemacht wurden.

Die Ergebnisse können sich vor allem beim Schwefeldioxid sehen lassen. Schweden leidet besonders unter saurem Regen – eine Folge der Schwefeldioxidschwaden, die auch aus den anderen europäischen Industrieländern nach Skandinavien wabern. Immerhin hat das Land die Zielmarke von 1988, die Emissionen von 1980 bis zum Jahre 2000 um 80 Prozent zu senken, vorzeitig erreicht. Qualmten aus schwedischen Schornsteinen und Auspuffrohren 1970 noch über 900.000 Tonnen Schwefeldioxid, waren es 1991 gut 100.000 und im letzten Jahr nach ersten Schätzungen weniger als 65.000 Tonnen.

Zum Vergleich: In der Bundesrepublik wurde zwischen 1980 und 1990 der Schwefeldioxidausstoß dank der Großfeuerungsanlagenverordnung ebenfalls gesenkt, von 3,3 Millionen Tonnen auf eine Million. Seit allerdings zumindest in den alten Bundesländern überall Rauchgasentschwefelungsanlagen vorhanden sind, bleiben die Emissionen praktisch konstant. Weitere Reduktionen könnten nur über eine Senkung des Energieverbrauchs erreicht werden. Doch Umweltsteuern, die das erreichen könnten, sind hierzulande nur ein Thema für Sonntagsreden.

In Schweden müssen die Kraftwerke und Fabriken, die Kohle, Torf oder Öl verheizen, pro Kilogramm Schwefelgehalt 30 Kronen (ca. 6,40 DM) an die Staatskasse löhnen. Der Einbau von technisch fortgeschrittenen Entschwefelungsanlagen lohnt sich, denn die Betriebe können dann die Schwefelsteuer rückerstattet bekommen. Auf Heizöl für den Privatverbrauch wird eine Abgabe von 27 Kronen pro 0,1 Prozent Schwefelgehalt im Öl auf den Kubikmeter erhoben. Da unter 0,1 Prozent Schwefelgehalt die Abgabe entfällt, wird praktisch nur noch schwefelarmes Öl verkauft.

Ähnliches gelang bei den Treibstoffen: Verschiedene Diesel- und Benzinsorten werden mit unterschiedlich hohen Abgaben belastet, je nachdem wie stark sie die Umwelt schädigen. Auch die relative „Sauberkeit“ von Pkw-Motoren – die Einführung für Lkw ist vorgesehen – wird durch Abgaben gelenkt. Motoren mit einem Ausstoß von mehr als 0,2 Prozent Schwefeldioxid sind ganz verboten. Was knapp darunter liegt, wird mit einer zusätzlichen Verkaufsabgabe von 2.000 Kronen belegt. Noch liegt allerdings die Mehrheit der Fahrzeugmodelle in dieser „Schmutzklasse“. Keine Abgabe zahlen müssen Modelle mit einem Schwefelausstoß von unter 0,005 Prozent – dies entspricht der US- Empfehlung für den Zeitraum 1994 bis 1996. Vor allem Saab, Volvo, Renault, Fiat und Mitsubishi erfüllen bereits diese Normen. Klasse 1 ist noch nicht besetzt: Bei Fahrzeugen mit einem Schwefelausstoß von weniger als 0,0001 Prozent würde der Staat noch eins drauflegen und die Verkaufssteuer um 4.000 Kronen (knapp 900 DM) mindern. Für dieses Jahr haben einige Hersteller schon solche Steuersparautos angekündigt.

Fraglich ist allerdings, wie lange Schweden dieses Modell noch beibehalten kann.

Bei den Beitrittsverhandlungen zur EU mußte das Land kurz vor Weihnachten auf Durck vor allem der deutschen und französischen Autolobby das Rabattsystem für die „erstklassigen“ Pkw bereits opfern. Umweltsteuern sind nach einem EU-Beitritt nur zugelassen, soweit sie ein beschleunigtes Erreichen der von der EU aufgestellten Umweltnormen und Empfehlungen zum Ziel haben, nicht aber in den Fällen, wo in Schweden die EU-Grenzwerte bereits unterschritten werden. Reinhard Wolff/lieb