: Filmnächte für Trüffelschweinchen
■ Anderswo sind „Sneak–Previews“ ein Erfolg: Jetzt fangen auch Bremer Kinos an
In anderen Städten haben sie schon eine lange Tradition mit großem Stammpublikum und regelmäßig ausverkauften Kinosälen: In Hamburg, Düsseldorf oder München zeigt bald jedes zweite Kino regelmäßig in Spätvorstellungen „Sneak–Previews“, während es in der Bremer Kinoprovinz bis jetzt nur sporadische Einzelveranstaltungen gab. Aber zum Beginn des neuen Jahres versuchen gleich zwei Kinos, auch bei uns diese Institution des Business einzuführen.
In der Schauburg werden jeweils am letzten Freitag des Monats um 23 Uhr Filme, die eher auf der Programmkinoschiene liegen, einige Tage oder Wochen vor dem Bundesstart gezeigt. Die neuen Werke von Woody Allen, Claude Chabrol oder Krysztof Kieslowski werden für die nächsten Termine angekündigt, und im Dutzend gibt es sie billiger: Die Jahreskarte kostet 80 Mark.
Im Ufa–Palast werden dagegen jeden Mittwoch um 23 Uhr die kommenden Hollywoodschinken vorgestellt. Hier hält man am traditionellen Wundertütenprinzip fest – man erfährt also wirklich erst dann, welcher Film gezeigt wird, wenn der Titel auf der Leinwand erscheint.
Zum ersten Sneak-Preview am Mittwoch hatte die UFA es sich aber leider allzu leicht gemacht: Nach Trailern für „Waynes World II“ oder einem Film über die „wahre Geschichte“ einer jamaikanischen Bobmannschaft wurde gerade mal „Perfect World“ gezeigt, ein Film also, der am nächsten Tag ohnehin anlaufen sollte. Ein alles andere als grandioser Start der Reihe, doch immerhin war der Kinomanager mit 69 zahlenden Previewern ganz zufrieden, und wer den richtigen Film geraten hatten, konnte zwei Kinofreikarten gewinnen.
In Deutschland heben Previews den „Ereigniswert“ des Kinos, und die Kinobesitzer hoffen darauf, daß so die neuen Filme durch Mundpropaganda mehr Zuschauer anziehen. In den USA sind sie dagegen immer noch in erster Linie Testvorführungen, und gemäß den Zuschauerreaktionen werden dort Filme oft neu geschnitten oder Szenen nachgedreht. Der „Blade Runner“ bekam etwa nach vernichtenden Ergebnissen bei den Previews eine Erzählerstimme und das Happyend verpaßt.
Oft haben die Regisseure und Stars eine Heidenangst vor diesen Tests, die manchmal über das Schicksal des ganzen Films entscheiden. Eine der witzigsten Anekdoten aus Hellmuth Karaseks Buch über Billy Wilder hat mit dem Preview von „Ninotschka“ zu tun. Auf einer der Karten, mit denen die Zuschauer ihre Meinung abgegeben hatten, lasen Wilder und Lubitsch: „Prima Film. Sehr komisch. Habe so sehr lachen müssen, daß ich in die Hand meiner Freundin gepinkelt habe.“ Das nur am Rand.
Wilfried Hippen
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