: Geheimhaltung für Bosnien-Runde
■ Gespräche mit Verspätung begonnen / Kämpfe um Vitez
Bonn (taz) – Nach mehrfacher Verschiebung wegen serbischer Artillerieangriffe auf den Flughafen von Sarajevo begannen gestern abend in Bonn die Verhandlungen zwischen den Präsidenten Bosniens und Kroatiens, Alija Izetbegović und Franjo Tudjman. Ein Zeitpunkt für das Ende des Treffens im Gästehaus der Bundesregierung auf dem Petersberg, den Bonn strikter Geheimhaltung unterstellte, wurde bisher nicht festgelegt.
Nach einem Fototermin der beiden Präsidenten mit Bundesaußenminister Klaus Kinkel und dem EU-UNO-Vermittlerduo Thorvald Stoltenberg und David Owen mußten die anwesenden JournalistInnen den Petersberg räumen. Seitdem dürfen nur noch Pressekonferenzen stattfinden, die die beiden Delegationen im Einvernehmen gemeinsam geben. Weitere Informationen sind lediglich über die Bonner Botschaften Bosniens und Kroatiens erhältlich. Die Verhandlungen hatten nicht wie geplant am Samstag beginnen können, weil das UNO-Flugzeug der bosnischen Delegation aufgrund des serbischen Dauerbeschusses nicht starten konnte. Daraufhin war auch der kroatische Präsident Tudjman zunächst in Zagreb geblieben.
Derweil meldeten kroatische Militärs neue Angriffe der bosnischen Armee auf die zentralbosnische kroatische Enklave Vitez. Die Führung der bosnischen Miliz „Kroatischer Verteidigunsrat“ (HVO) warf der bosnischen Regierung vor, den „günstigen Augenblick“ für ihre Offensive ausgenutzt zu haben, in dem die internationale Aufmerksamkeit auf die Bonner Gespräche gerichtet sei. Währendessen appellierte der UN-Sicherheitsrat, die USA und Großbritannien an den serbischen Präsidenten Slobodan Milošević, seinen Einfluß auf die Führung der bosnischen SerbInnen für eine Einstellung des Beschusses von Sarajevo zu nutzen.
In Bonn war für gestern nachmittag vor den Verhandlungen ein Gespräch der Delegationen mit Kinkel vorgesehen, der noch am Abend nach Brüssel zum heute beginnenden Nato-Gipfel fliegen wollte. Dort dürfte das Thema Ex- Jugoslawien, die Zukunft und das Einsatzmandat der dort stationierten UN-Blauhelme sowie – auf Drängen Frankreichs – auch die Frage von Luftangriffen erneut ausführlich diskutiert werden. azu/rr
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