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Stilleben über Spülkasten

■ Wo man nicht mit Kunst rechnet: bei Sanitär-„Osmers in Horn“ / Originell!

Betrachten wir für einen Moment die Realschullehrerin Regina Künne aus Stolzenau bei Nienburg: Unter dem Titel „Arrangiertes - Gedrucktes - Vermaltes“ stellt sie kleine ordentliche Unikate her, sauber im Passepartout, zurückhaltend gerahmt, und möchte mit etwa 500 Mark gerade soviel dafür haben, wie ein guter gerahmter Kunstdruck von Roy Liechtenstein auch schon kosten kann. Wo soll die Realschullehrerin Regina Kühne ausstellen, wenn nicht bei osmers in horn, dem Sanitär-Fachgeschäft an der Horner Heerstraße?! Wer sich nicht lange ziert, bekommt hier seine Chance als Künstler. Zieren heißt in diesem Fall: ein Problem damit haben, daß die Bilder über Klos hängen.

Geht man bei Osmers durch die Ausstellungsräume, durch Küchen aus Siemens und Kunstgranit, Badezimmer mit Whirlpool und Unterwasserscheinwerfer, Abtritte mit multifunktionalen Spülkästen, wird man den Gedanken nicht mehr so schnell los, daß der Platz über dem Spülkasten der bislang ungenutzteste in unseren Wohnungen ist.

Regina Künnes Bilder konvenieren hervorragend mit dem Sanitärmobiliar. „Antlitz, zerbrochen“ heißt eine fragile Arbeit der Künstlerin, direkt neben einer Art gehobenem Alibert plaziert. „Dem Aquarium entwischt“ heißt ein Werk mit Fischen, sinnigerweise in einer Küche neben dem Hi-Tec- Herd aufgestellt. Ein „Stilleben mit Flaschen“ weist geradezu auf das in zurückhaltendem Grau gehaltene Urinoir hin. U.s.w., u.s.f. Eine sinnvolle Ergänzung, findet auch die Kundschaft, und nimmt hin und wieder ein Bild mit.

Erfinder der Kunstaktivitäten des Hauses Osmers (in der dritten Generation seit 1909) ist Peter Osmers aus Hemelingen, worauf er Wert legt. Als in Bremen Wandbilder in Mode waren, fing er an mit der Kunst und ließ eine Wand des Stammhauses in der Kornstraße anmalen. Als vor 4 1/2 Jahren die Dependance in Horn eingeweiht wurde, tat man das mit Arbeiten von Wilhelm Maria Thein. Vier KünstlerInnen folgten, u.a. Ursula Hurrelbrink, in deren allererster Ausstellung rasend verkauft wurde (die Kunst). Herr Osmers, der erklärtermaßen weder Kunstkenner noch Sammler ist, allerdings mehrere Originale daheim beherbergt, bietet seinen Künstlern Druckkostenbeteiligung, seine Adressenliste, das Porto für die Einladungen und Orangensaft und Sekt bei der Eröffnung. Aber eigentlich wartet er.

Regina Künne hängt nämlich schon zu lange. Fast ein Jahr. Herr Osmers wartet, daß sich Künstler melden, suchen geht er nicht. Er wäre im übrigen zu allen Schandtaten bereit, zwischen Blumenstilleben in Öl und Rauminstallation hält er alles für möglich in seinem Geschäft. Eine Einschränkung: keine Bilder mit Sanitärartikeln – „ein Kontrast muß sein!“

Burkhard Straßmann

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