piwik no script img

Sparen - "schneller und mehr"

■ Der Bremer Finanzsenator über das neue 200-Millionen-Haushaltsloch

taz: War diese neue 200-Millionen-Spar-Senatsvorlage, die Sie am Dienstag in die interne Beratung des Senats eingebracht haben, Ihr Geburtstagsgeschenk für den Bürgermeister?

Volker Kröning: Nein. Das hatte damit gar nichts zu tun. Ich bin mit der Vorlage zum 18. Januar beauftragt worden. Bevor ich sie auf die Tagesordnung setzen lasse, habe ich das Gespräch mit den Kollegen gesucht.

Und? Sind Sie zufrieden mit der Reaktion der Kollegen?

Gestern ja. Ob das so bleibt, wird sich zeigen.

Was wird in den nächsten Tagen passieren

Nun, alle werden jetzt dem Gegendruck ihrer Verwaltungen und verschiedener Interessengruppen ausgesetzt sein, das ist auch verständlich. Aber man muß auch die Gesamtlage im Auge behalten.

In Ihrer Vorlage steht recht deutlich eine Kritik an der sog. „Aufgabenkritik“, mit der die Rasenmäher-Methode pauschaler Kürzung durch inhaltlich begründete Spar-Schwerpunkte abgelöst werden sollte.

Keineswegs. Nur eine Warnung vor der Illusion, daß sie eine Antwort auf das aktuelle Problem liefert.

Da lese ich den Satz: „Alternativen bestünden in der Beschleunigung und Erweiterung der Aufgabenkritik..“ Das wäre jedenfalls die Alternative gewesen: schnellere Spareffekte durch das Verfahren der Aufgabenkritik.

Ja. Schneller und mehr.

Sie hatten vor der Haushaltsberatung im Dezember 1993 sich nicht ganz zufrieden mit den Ergebnissen der Arbeitsgruppe Aufgabenoptimierung gezeigt.

Wer kann denn in dieser Situation zufrieden sein. Ich war und bin für jedes Ergebnis dankbar und daran interessiert, daß weitere Ergebnisse erzielt werden. Das haben wir auch im Koalitionsausschuß verabredet. Es fehlt allerdings noch ein neuer Vorsitzender der Arbeitsgruppe.

Inwiefern?

Herr Jäger war der faktische Vorsitzende. Er hatte im November erklärt, daß er sich von dieser Funktion zurückziehen wolle. Ich hoffe nicht, daß das sein letztes Wort war.

Die Mindereinnahmen aufgrund der Steuerschätzung und der erhöhte Bedarf der Sozialhilfe waren die im Prinzip absehbar, nur nicht bezifferbar, so steht das in Ihrem Papier. Warum sind der Ausgaben-Posten für den Haushalt 1994 im Dezember nicht schon vorsorglich 100 oder 200 Millionen Mark geringer angesetzt worden?

Das ist angesichts der Dauer und der Kompliziertheit des Aufstellungsverfahrens für den Haushalt nicht mehr möglich gewesen. Außerdem ist die Enge inzwischen so groß, daß man die Chancen der Entlastung nutzen mußte. Das ist mit dem Abschluß der Bundesgesetzgebung zum „Spar- Konsolidierungs- und Wachstumsprogramm“ geschehen. Dadurch werden bei uns Mehreinnahmen erzielt und erhebliche Mehrausgaben bei der Sozialhilfe abgewendet.

Das bedeutet: Daß der Etat 1994, der im Dezember beschlossen wurde, vier Wochen später schon wieder in Frage steht, ist normal?

Das betrifft einen minimalen Teil der Haushaltes, und ist in allen Gebietskörperschaften der Fall.

Was wird Ende Januar, wenn die Interessentenlösung unterschrieben ist und die Klöckner- Rechnung auf dem Tisch liegt?

Ich bin zuversichtlich, daß sich diese Rechnung nicht noch einmal erhöhen wird.

Und die ist über den Stadtwerke-Verkauf gedeckt?

Ja, und durch die Beschlüsse der Bürgerschaft und der Deputationen am 20. Dezember ist gesichert, daß Bremen eine Bürgschaft übernimmt bis zum Verkauf der Anteile der Stadtwerke, und der läßt uns ja bis zu mindestens 49 Prozent noch Spiel für andere Verpflichtungen.

Wird derzeit mit dem Sidmar- Konzern noch geredet?

Sicherlich.

Und wie ist der Stand der Gespräche?

Fortgeschritten und aussichtsreich.

Der Notarstermin Ende Januar wird nicht wieder verschoben?

Ich hoffe nicht, daß das notwendig sein wird. Wir sind inzwischen ja auch weiter, beim Vulkan ist entschieden, daß er sich beteiligt, unter den Interessenten gibt es kaum noch Probleme...

Die gab es am 20. Dezember?

Ja, natürlich, die sind ja sogar auf dem öffentlichen Markt ausgetragen worden. Und Sidmar ist vielversprechend. Aber Sidmar ist nicht die Voraussetzung für das Zustandekommen der Interessentenlösung gewesen, die Beteiligung von Sidmar wird eine zusätzliche Sicherung des Standortes werden.

Das bedeutet: Daß die Unterschrift unter die Interessentenlösung beim Notar am 20. Dezember nicht zustande kam, das lag an den bremischen Schwierigkeiten und nicht an Sidmar.

An beidem. Es gab auch ein Verhandlungstief mit Sidmar im Dezember.. Int.: K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen