■ Kleiner Anpfiff: Frontstadtnullen
Bis zum Anpfiff an Führers Geburtstag ist es noch ein Vierteljahr hin, doch die Mannschaft vom FC Hauptstadtpresse kennt schon das Ergebnis: „Eins zu null für Berlin“, „1:0 für die Courage“, „Sieg von Verstand und Sportsgeist“. Reingegrätscht und zugeschnappt: Nach sechs langen Jahren wieder ein Länderspiel im 36er-Stadion bei Brekers nebenan – sogar ein „Klassiker“. Komplexbeladene Kleingärtner ganz groß: Wer wird da noch an Sydney denken oder an Bonn? „Hamburg hat gekniffen“ (Bild), aber „Berlin geht nicht in die Knie“ (Welt).
Die „Zukurzdenkenden“ (Tagesspiegel) am Alsterstrand werden jetzt mit der überragenden „Logik“ (Berliner Zeitung) von der Spree konfrontiert: „Wenn das Hamburger ,Nein‘ falsch war, kann das Berliner ,Ja‘ nur richtig sein.“
Der Hamburger SPD-Innensenator habe mit der Absage „den Rechtsstaat abgewertet“, tritt im Mittelfeld der Tagesspiegel nach. Die Berliner FAZ-Legionärin Neue Zeit geht voll mit: „Eine bessere Mobilisierung ihrer Sympathisanten hätten sich die Neonazis kaum wünschen können.“ Und der Tagesspiegel weiß auch noch, warum das irgendwann so kommen mußte, denn: „Die illegal besetzte Hafenstraße zu dulden und das deutsch-englische Länderspiel abzulehnen, resultiert aus ein und demselben Mißverständnis, von dem was Staat ist und was nicht. Einen besseren Nährboden kann es für Gegner des Rechtsstaates nicht geben.“
Auch rechtsaußen, bei der Welt, blickt man nach links: Was wird einen Tag später am 22. April, „Lenins Geburtstag“, passieren? Liberal-Libero Berliner Zeitung verwechselt ebenfalls rinks und lechts und warnt vor einem brisanten „Mix“: „Englische und deutsche Hooligans mit neonazistischen Prügelgarden und möglicherweise auch noch militante Autonome als Gegenschläger“. Alles eins bei den Frontstadtnullen. Hans-Hermann Kotte
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