Kein „kollektiver Zwang“ zur Viertagewoche

■ Innensenator lehnt Forderung nach Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen Dienst ab / Statt dessen sollen Teilzeit-Regelungen 2.000 neue Verwaltungsstellen schaffen

Die Viertagewoche für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sei mit ihm nicht zu machen, erklärte Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) am Donnerstag abend vor dem Abgeordnetenhaus. Er wies damit einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zurück, die mit einem „Beschäftigungspakt“ und flächendeckender Arbeitszeitverkürzung den Abbau von 35.000 Stellen im öffentlichen Dienst verhindern wollen.

Wenn es nach den Grünen geht, soll Heckelmann als Chef des öffentlichen Dienstes die Arbeitszeit für alle Beschäftigten um 8,5 Stunden pro Woche senken. Die Reduzierung auf vier Tage Arbeit würde 41.000 Stellen schaffen. Damit wäre nicht nur der vom Senat geplante Abbau von 35.000 Jobs vom Tisch, sondern 6.000 Arbeitsplätze würden neu entstehen. Die Grünen wollen verhindern, daß durch Sparmaßnahmen im öffentlichen Dienst die Massenarbeitslosigkeit weiter ansteigt.

Den Senat fordern die Grünen in ihrem Antrag auf, sich bei den übrigen Bundesländern die Genehmigung für die Viertagewoche in Berlin zu holen. Weil die Arbeitszeit der Staatsdiener bundesweit einheitlich geregelt ist, kann Berlin ohne das Einverständnis der Tarifgemeinschaft der Länder, in der sich die Landesregierungen als Arbeitgeber zusammengeschlossen haben, nicht aktiv werden.

Der Innensenator lehnte in der Debatte den „kollektiven Zwang“ der flächendeckenden Arbeitszeitverkürzung ab. Angesichts der geringen Bezahlung in den unteren Lohngruppen des öffentlichen Dienstes sei die Viertagewoche ohne Lohnausgleich sozial unzumutbar. Andererseits könne Berlin sich den teilweisen Lohnausgleich für die unteren und mittleren Gehaltsgruppen, den die Grünen fordern, nicht leisten. Das würde den angespannten Haushalt zu sehr belasten, meinte Heckelmann.

Er propagierte deshalb auch die von Finanzsenator Pieroth (CDU bevorzugten individuellen Teilzeit-Regelungen. Die sind billiger, weil vergleichsweise wenige Beschäftigte diese Möglichkeit nutzen und zudem grundsätzlich kein Lohnausgleich gezahlt wird. Die Beschäftigten sollten „freiwillig Solidarität“ üben, verlangte Heckelmann, und ihre Arbeitszeit zum Beispiel auf die Hälfte reduzieren. Derartige Ideen sind nicht neu: Bereits seit 1983 können öffentlich Bedienstete unbezahlten Urlaub nehmen. Im Westteil Berlins praktizieren zur Zeit 16 Prozent der Beschäftigten eine der verschiedenen Formen der Teilzeitarbeit, im Osten sind es sechs Prozent. Wenn sich diese Quote auf durchschnittlich 25 Prozent erhöhen lasse, so der Innensenator, schaffe das etwa 2.000 Arbeitsplätze. Damit würden unter dem Strich nur noch 33.000 Stellen wegrationalisiert.

Elga Kempfhenkel, Debatten- Rednerin der SPD, bemerkte denn auch, daß das von Innensenator Heckelmann vorgestellte Konzept „nicht der große Wurf“ und die in Aussicht gestellten 2.000 Stellen etwas mager seien. Das Bündnis 90/Die Grünen hat mit seiner Initiative zum Beschäftigungspakt somit immerhin eines erreicht: Der koalitionsinterne Graben zwischen CDU und SPD hat sich ein wenig verbreitert und ist ein weiteres Mal offenkundig geworden. Hannes Koch