: Togo wählt und hat keine Wahl
■ Wenig Vertrauen in die morgigen Parlamentswahlen
Berlin (taz) – In einem Klima der Instabilität finden morgen im westafrikanischen Togo zum ersten Mal Wahlen zu einem Mehrparteienparlament statt. Der Urnengang, nach der Abschaffung der Militärdiktatur 1991 eigentlich als Krönung der Demokratisierung gedacht, ist in seiner Bedeutung bereits weitgehend diskreditiert, seit sich der frühere Diktator Gnassingbe Eyadema im vergangenen August bei umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Amt bestätigen ließ und im Januar dieses Jahres nach einem angeblichen Mordanschlag auf Eyadema wieder massive Armeeübergriffe auf Regimegegner stattfanden.
Von den 22 zur Wahl stehenden Parteien gelten etwa ein Drittel als oppositionell. Die demokratische Opposition ist gespalten: Die Regimegegner Yao Agboyibor und Edem Kodjo stellen eigene Parteien zur Wahl, während Exilantenführer Gilchrist Olympio die Wahl boykottiert, um nach eigenen Worten keine „demokratische Fassade für die wachsende Autorität einer Diktatur“ zu liefern.
Bei den Präsidentschaftswahlen vom August hatte Eyadema dank Hunderttausender Phantomwähler auf den Wahllisten gesiegt – nicht existente Personen, deren Stimmen natürlich alle für den Präsidenten abgegebn wurden. Danach forderte die Opposition als Bedingung für eine Teilnahme an den Parlamentswahlen die Erstellung neuer Wahllisten; nach längerem Streit und mehreren Wahlverschiebungen erklärte sich die Regierung schließlich zur „Bereinigung“ der alten Listen bereit. Der „Bereinigung“ sind nun zwar die Phantomwähler, aber auch viele wirkliche Bürger zum Opfer gefallen, so daß viele Sympathisanten der Opposition morgen wohl nicht wählen gehen können.
Da es bei diesen Wahlen, anders als im August, nur regierungsamtlich eingeladene Wahlbeobachter aus dem Ausland und überhaupt keine inländischen Beobachter geben wird, werden die Chancen einer korrekten Durchführung der Wahlen in Lomé gering eingeschätzt. „Es gibt eine Chance, daß die Wahlen einigermaßen transparent sind, weil die Strukturen stimmen“, meint ein Beobachter. „Die Frage ist aber, ob die Bestimmungen eingehalten werden. Es hat keine Ausbildung von Wahlhelfern gegeben“ Als Fortschritt schätzt er dennoch ein, daß eventuelle Streitigkeiten von der Wahlkommission und nicht vom Eyadema-treuen Obersten Gericht entschieden werden sollen.
Unklar ist auch, wieviel Macht das zu wählende Parlament überhaupt haben wird. Von Wahlkampf ist ohnehin wenig zu spüren. Nach Berichten aus der Hauptstadt Lomé traut sich nach Anbruch der Dunkelheit kaum jemand aus dem Haus – wegen andauernder scharfer Armeekontrollen und der nächtlichen Ausgangssperre. D.J.
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