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Stefan Heym will für die PDS nach Bonn

■ Die PDS will mit offenen Kandidatenlisten ihre Chancen bei der Bundestagswahl verbessern / Heym bescheinigt ihr innere Wandlung

Berlin (taz) – Der Wahlkreis Berlin- Mitte/Prenzlauer Berg wird bei der kommenden Bundestagswahl wohl die größte Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dort kandidiert, letzter Stand der Dinge, für die SPD deren stellvertretender Vorsitzender Wolfgang Thierse; die CDU schickt (wahrscheinlich) ihren Rechtsausleger Heinrich Lummer ins Rennen, und die PDS beabsichtigt – seit gestern ist es nun offiziell –, mit dem parteilosen Schriftsteller Stefan Heym das Direktmandat im Herzen der Stadt an Land zu ziehen. Auf einer Pressekonferenz präsentierte sie gestern eine Reihe mehr oder weniger prominenter Personen, die sich zu einer Kandidatur auf deren offenen Listen bereit erklärt haben.

Außer Heym werden unter anderem der ehemalige DDR-Volkskammerpräsident Günter Maleuda (bis 1990 Vorsitzender der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands), die zu Wendezeiten stellvertretende DDR-Ministerpräsidentin Christa Luft und der parteilose Landesvorsitzende der Gewerkschaft HBV Berlin, Manfred Müller, für die Partei des demokratischen Sozialismus in den Bundestagswahlkampf ziehen.

Der 1913 in Chemnitz geborene Heym, der in der DDR zensiert, schikaniert und observiert wurde, erklärte gestern ohne große Umschweife: „Ich bin Schriftsteller. Man kann Literatur nicht vom Leben trennen und Leben nicht von der Politik. Daher hat denn alles, was ich geschrieben habe, auch einen politischen Inhalt; bei mir handelt dieser von Freiheit und sozialer Gerechtigkeit.“ Sein Verhältnis zur SED-Nachfolgepartei beschrieb Heym, der auch Gründungsmitglied der Komitees für Gerechtigkeit im Juli 1992 war, mit den Worten: „Wenn die PDS mich nun als Kandidaten auf ihren offenen Listen haben möchte, signalisiert sie damit nicht nur, daß ihre Mitglieder ein wesentlich anderes Verhältnis zu mir gefunden haben, als die verkrusteten Genossen von damals es hatten.“ Die PDS mache erkennbar, daß sie sich in einem noch nicht abgeschlossenen Prozeß der inneren Wandlung befinde, daß sie „ausbrechen möchte aus der parlamentarischen Isolierung, in welche die anderen Parteien sie gezwängt haben“. Gysis Partei sei dabei, umzudenken und umzulernen und zu „einer echten, starken, linken Opposition“ zu werden. Angesichts des „schief geratenen Prozesses“, der zwei gleichberechtigte deutsche Staaten vereinigen sollte, erscheine ihm eine „Opposition der Art im Interesse der Bürger der DDR am nötigsten“.

Sollte Stefan Heym bei der Bundestagswahl im Herbst das Direktmandat in Berlin-Mitte/Prenzlauer Berg tatsächlich erringen, dann würde er nach dem gegenwärtigen Stand der Alterspräsident des nächsten Bundestages. Er dürfte dann auch die 13. Bundestagsperiode eröffnen. Gefragt, ob gerade dies ihn reize, verwies Heym auf ein amerikanisches Sprichwort, wonach man die Küken nicht zählen solle, bevor sie geschlüpft seien. Er räumte aber ein: „Natürlich würde es für mich eine große Genugtuung sein, weil meine letzte Vorgängerin auf der linken Seite dann Clara Zetkin war.“

Die Kandidaturen auf den offenen Listen müssen nun parteiintern noch beschlossen werden. Nach den Worten von Gregor Gysi, der in Bonn die Bundestagsgruppe der PDS leitet, wird auch noch darüber zu entscheiden sein, ob und welche der prominenten Direktkandidaten über Landeslisten abgesichert werden sollen. Die letzten Umfrageergebnisse prognostizieren für die PDS bundesweit einen Stimmenanteil um die fünf Prozent. WG

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