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Auf Hackmanns Wort vertrauen?

■ Streit um togoische Flüchtlinge in der Bürgerschaft

Als die GAL-Abgeordnete Anna Bruns am Donnerstag abend in der Bürgerschaft das Wort ergriff, wurde es ruhig im Saal. Die Politikerin schilderte knapp die Lage im westafrikanischen Togo und warb dafür, einen Abschiebestopp für die rund 700 in Hamburg lebenden Flüchtlinge zu verfügen. Sie habe gerade eine Broschüre mit Fotos erhalten: „Es ist immer etwas anderes, darüber zu lesen, oder diese schrecklichen Bilder zu sehen“.

Erst im Januar waren 48 Menschen bei einem Massaker in einer Kaserne der Hauptstadt Lomé umgekommen. Politische Morde, Folter und Verfolgung sind in dem westafrikanischen Staat an der Tagesordnung, haben 1993 zur Flucht von 300.000 Menschen geführt. 7000 leben in der Bundesrepublik, 700 davon in Hamburg. Schiebt man sie ab, so sind sie nach Einschätzung von „amnesty“ allein deshalb gefährdet, weil sie in Deutschland Asyl beantragt haben.

Zwar sind bundesweit alle Gerichte mit der Menschenrechtsorganisation einig, daß man in dieses Land zur Zeit niemanden abschieben darf. Doch für das Hamburger Verwaltungsgerichts (VG) ist diese Einsicht erst drei Monate jung. Der Eingabeausschuß der Bürgerschaft hat kürzlich eine Sammelpetition abgewiesen, mit der die Abschiebung der 74 bereits vorher vom VG abgelehnten Asylbewerber gestoppt werden sollte.

Anna Bruns hätte ihre Stimme schonen können, denn selbstredend stimmte das SPD-Volk mit „ablehnen“. Immerhin gestand der SPD-Abgeordnete Rolf Polle ein, die Lage in Togo sei derzeit „in der Tat so, daß nicht abgeschoben werden kann“. Er vertraue aber auf eine Erklärung Innensenator Hackmanns, daß er von Abschiebungen absehen werde, „solange die gegenwärtige Gefahrensituation andauert.“

Fragt sich nun, was dies heißt? Das Auswärtige Amt hatte jüngst erklärt, eine Gefährdung sei nicht gegeben. Und ein Vertreter des Innensenators hatte im Eingabenausschuß erklärt, die Abschiebungen würden ab Ende Februar erfolgen.

„Der Senator hat versprochen, den Eingabenausschuß zu informieren, bevor er abschiebt“, hält Polle dem entgegen. Die Ausschußmitglieder wollten die Lage genau beobachten und sich dabei nicht aufs Auswärtige Amt, sondern auf Berichte der Menschenrechtsorganisationen verlassen. Am besten sollten sie am Mittwoch abend das „Kölibri“ am Hein-Köllisch-Platz 12 aussuchen. Dort berichtet der Menschenrechtler Robert Dovi, was mit abgelehnten Asylbewerbern nach ihrer Rücckehr in Togo passiert. kaj

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