: Was für ein Triumpf!
■ betr.: „Kontrollierte Eskalation in Bosnien“ u.a., taz vom 1./2.3.94
Jubel weit und breit über den Abschuß der bösen serbischen Jets durch die guten Nato-Jets. „Heilige“ oder zumindest „gerechte“ Kriege sind nicht weiter ein Privileg islamisch-fundamentalistischer Gruppen. „Bomben für den Frieden“ sind nun endgültig auch in der christlichen Welt auf breiter Basis salonfähig geworden. Vergessen ist die durch die Auflösung des Warschauer Paktes ausgelöste Sinnkrise der westlichen Militärs. Neue Aufgaben wurden gesucht und gefunden! Nach dem „Wüstensturm“ im Irak und der zugegebenermaßen noch etwas peinlichen „humanitären Hilfe“ in „befriedeten Gebieten“ Somalias, jetzt in kurzer Folge zwei Erfolge: das erfolgreiche Ultimatum in Sarajevo und kurz darauf der Schutz einer bosnischen Waffenfabrik unserer moslemischen Brüder! Was für ein Triumpf!
Und da sage noch einer, wir sollten unsere Rüstungsetats kürzen oder gar freiwillig auf den einträglichen Handel mit Waffen und Giftgasfabriken verzichten! Der Jäger 90 und weitere derartig innovative Friedenssysteme sollten nun endgültig gebaut werden. Schließlich sind auch in anderen Teilen der Welt ethnische Gruppen vor Staatsterror und systematischer Ausrottung zu schützen! Auf nach Kurdistan, auf nach Tibet! Das absolute Versagen des Einsatzes politischer und wirtschaftlicher Machtmittel (wer hat mit dem Nachschub an lebensnotwendigen Wirtschaftsgütern und der Lieferung von Waffen und Munition den längst fälligen Zusammenbruch der serbischen Wirtschaft verhindert?) machte uns ja nur lächerlich.
Nicht einmal die Friedensbewegung nervt mehr mit ihrem weltfremden „Frieden schaffen ohne Waffen“! Und „der Ivan“ spielt auch (noch) mit. Wir sind also auf dem „rechten“ Weg. Von diesem dürfen wir uns weder durch zu erwartende Vergeltungsaktionen (zum Beispiel Bombenanschläge auf Botschaften oder Passagierflugzeuge, Ermordung von Journalisten, Rote Kreuz-Helfern, UN- Soldaten etc.) noch durch einen jederzeit möglichen Machtwechsel in Rußland abbringen lassen. Bekanntlich heiligt ja der Zweck die Mittel – oder?! „Die gewöhnliche Form des Bösen ist, daß das Gute gewollt wird, aber unter der Bedingung, daß es dem Eigendasein dient.“ (Karl Jaspers) Bernd Höppner, Freiburg
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