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EU: Jetzt soll Kohl für Solidarität sorgen

■ Verhandlungen mit Norwegen gescheitert

Brüssel (dpa/taz) – Die Beitrittsverhandlungen zwischen Norwegen und der Europäischen Union sind Dienstag nacht vorerst gescheitert. Nicht nur die Frage des Zugangs der übrigen EU-Länder zu den norwegischen Fischgründen blieb strittig, die Debatte darüber wurde zudem von den internen Querelen der EU überlagert. Es ging um die Machtverteilung in der künftig größeren EU. Spanier und Briten hatten ausschließlich ihre Heimat fest im Blick und waren blind gegenüber Kompromissen, so die bittere Bilanz beteiligter Diplomaten über das vergebliche Bemühen, den Streit über die künftige Stimmenverteilung im Ministerrat beizulegen.

In Madrid fürchtet Felipe Gonzalez, daß die vorgesehene Anpassung des Stimmverhältnisses seinen Zugriff auf die Brüsseler Finanztöpfe schwächt. Und in London will John Major alles vermeiden, was die ihn bedrängenden Unions-Gegner weiter stärken könnte. „Da bleibt die Solidarität eben auf der Strecke“, meinten die Diplomaten.

Die Beobachter waren sich gestern einig: Kohl müsse die nächsten Tage dazu nutzen, seinen Freunden Gonzalez und Major ins Gewissen zu reden und sie an gemeinsame Prinzipien zu erinnern. In Bonn hielt sich denn auch Kohl mit Kritik nicht zurück: London und Madrid seien für das vorläufige Scheitern verantwortlich.

Mit einer Anpassung der jetzigen Abstimmungsregelung – 30 Prozent der Stimmen sind für die Sperrminorität notwendig – wollen nicht nur die Deutschen ein Minimum der Effizienz aufrechterhalten. Sollte mit weniger Stimmen ein Vorhaben zu Fall gebracht werden können, würde der Ministerrat noch schwerfälliger, meinen sie.

Frankreichs Europaminister Alain Lamassoure faßte zusammen: „Im Augenblick der Wahrheit wird deutlich, wer eine Erweiterung tatsächlich will. Einige Länder würden in den Aufnahmegesprächen lediglich die Möglichkeit sehen, Dinge zu komplizieren und das Gemeinschaftsleben zu lähmen.“ Seiten 7 und 10

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