: Schrauben statt saufen
■ Alte Motorräder und ein britischer Sportwagen sollen gefährdete Jugendliche von der Straße locken
Besser schrauben als saufen, lieber Autos bauen als klauen – nach diesem Prinzip sollen arbeitslose und gefährdete, zum Teil schon straffällig gewordene Jugendliche von der Straße geholt werden. Gleich zwei Projekte, die die Faszination schwerer Maschinen und sportlicher Wagen nutzen, stellten sich vergangene Woche vor.
„ProMoto“ heißt eines von ihnen: Statt in der Kneipe beim Bier herumzulungern, könnten die Jungs hier ihr Hobby, das Schrauben an Motorrädern, als geregelte Arbeit betreiben und dabei auch noch eine Grundausbildung erhalten, erklärt Projektleiter Reiko Borrmann.
Im Hof der kleinen Werkstatt warten alte Harleys und vor allem Moto Guzzis, Ducatis und Cagivas darauf, in neuem Glanz zu erstrahlen. Zwei bis acht Wochen brauchen die zehn Jugendlichen und ihre beiden Ausbilder für die Restauration einer Maschine. „Als Krönung bekommt sie dann eine TÜV-Plakette und kann verkauft werden“, sagt Borrmann, nach eigenen Angaben „Kfz-Schlosser von Geburt an“. Er ist zuversichtlich, daß die Werkstatt sich schon bald über den Verkauf restaurierter Oldies zumindest teilweise selber werde finanzieren können.
Auch dem Ausbilder Dieter Redetzke macht die Arbeit mit den jungen Männern und den alten Maschinen Spaß. Schwierigkeiten habe er bloß damit, die Jungens bei der Stange zu halten. Regelmäßige Arbeit seien sie eben noch nicht so recht gewohnt, und da sei es oft schwer, ihnen klarzumachen, daß sie morgens pünktlich erscheinen müßten und die Zange nicht gleich hinschmeißen dürften, wenn mal was nicht geht.
Bis zum Jahresende sind die Arbeitsplätze bei „ProMoto“, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gelten und über das Arbeitsamt vermittelt werden, gesichert.
Ähnlich funktioniert das Projekt „Midas“, zu dessen Einweihung am Freitag sich Jugendsenator Krüger ebenfalls angesagt hatte. Hier basteln 24 Jugendliche unter Anleitung von Kfz-Mechanikern schon seit einer Weile an Gebrauchtwagen. Jetzt haben sie sich Größeres vorgenommen: die Produktion eines echten kleinen Flitzers. Das Projekt hat die Lizenz zum Bau des „Midas“ bekommen, eines britischen Sportwagens mit Kunststoffkarosserie auf der Basis des Austin Metro. Die Lizenz zur Produktion dieses Fahrzeugs einschließlich eines Mustermodells für die Karosserie wurde von der Firma Itag AG für 200.000 Mark gekauft und der Jugendhilfe zur Verfügung gestellt. Der Jugendsenator hat sich das Projekt insgesamt 700.000 Mark kosten lassen. Barbara Maaßen (AP)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen