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Erst Granaten, dann reden oder umgekehrt

■ IRA „flexibel und positiv“ zum anglo-irischen Friedensprozeß

Dublin (taz) – Nachdem der Londoner Flughafen Heathrow am Sonntag zum dritten Mal in fünf Tagen Ziel eines Granatenangriffs geworden war, veröffentlichte die Irisch-Republikanische Armee (IRA) am Abend eine Presseerklärung. Darin betont die Organisation, daß sie gegenüber dem Friedensprozeß in Nordirland „weiterhin flexibel und positiv eingestellt“ sei. Die IRA stellte in der Erklärung einen Waffenstillstand für den Fall in Aussicht, daß die britische Regierung direkte Gespräche mit Sinn Féin, dem politischen Flügel der IRA, aufnimmt. Das lehnte in einer ersten Reaktion die britische Regierung am Montag rundheraus ab.

Am Sonntag beschoß die IRA den Flughafen erneut mit vier Granaten. Wieder explodierte keiner der Sprengkörper, die offenbar schon seit vergangener Woche vergraben waren und per Zeitzünder abgeschossen wurden. Die Polizei geht davon aus, daß entlang des 15 Kilometer langen Zaunes um Heathrow weitere Granatwerfer versteckt sein könnten.

Aus IRA-Kreisen kamen am Wochenende Andeutungen, daß die zwölf Granaten so konstruiert waren, daß sie gar nicht explodieren konnten. Demnach sollten sie als Warnung dienen und demonstrieren, daß die IRA jederzeit ihre Bombenkampagne in Großbritannien wieder aufnehmen kann.

Zum ersten Mal äußerte sich die IRA auch zu der „Downing- Street-Erklärung“ vom 15. Dezember, der gemeinsamen anglo- irischen Friedensstrategie. Die IRA verwies allerdings auf ein anderes Dokument: „Das Hume- Adams-Papier enthält im Gegensatz zur Downing-Street-Erklärung den Prozeß, die Prinzipien und den Rahmen für eine Lösung des Konflikts.“ Sinn-Féin-Chef Gerry Adams und der Vorsitzende der nordirischen Sozialdemokraten, John Hume, hatten sich im September nach monatelangen Verhandlungen auf ein gemeinsames Positionspapier für eine Beilegung des Konflikts geeinigt. Dieses Papier ist allerdings bis heute nicht veröffentlicht worden – was mittlerweile sogar AnhängerInnen Sinn Féins kritisieren. „Gerry Adams will, daß ich ihm vertraue“, sagte Brenda Murphy aus dem katholischen West-Belfast auf einer Frauenkonferenz in Belfast. „Ich möchte aber, daß er auch mir vertraut. Ich will nicht eines Morgens in einem vereinten Irland aufwachen.“ Bernadette Devlin-McAliskey, 1969 als jüngste Abgeordnete ins Unterhaus gewählt, sagte, sie habe sich nicht ihr Leben lang dem Widerstand gegen die britische Herrschaft gewidmet, nur um „einer kleinen Gruppe von Männern zuzusehen, wie sie intellektuellen Poker“ um Irlands Zukunft spielen. Ralf Sotscheck

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