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„Komm da runter, geh da weg“

■ Gewalt in der Schule – die Schule an der Graubündener Straße denkt nach

Immer diese Petzerei! „In meiner Schulzeit war das Petzen verpönt, aber wenn ich hier über den Hof gehe, erzählt mir dauernd jemand, wer grad wieder unerlaubt den Schulhof verlassen hat“, erzählt eine Lehrerin des Schulzentrums an der Graubündener Straße in Osterholz. Gestern haben Eltern und LehrerInnen der Sek.1-Schule auf einem Fachtag über „Gewalt in der Schule“ debattiert. Ein Ergebnis: Es gibt zwar immer wieder ganz brutale Schlägereien und Erpressungen, doch besorgniserregend finden die LehrerInnen vor allem den zunehmend rohen Umgangston zwischen den SchülerInnen, die psychische Gewalt also.

Dazu gehört das Petzen, dazu gehört aber auch, daß sich manche SchülerInnen nicht mal mehr an die Tafel vortrauen, aus Angst, ausgelacht und niedergemacht zu werden. Beobachtung mehrerer LehrerInnen: Immer häufiger stehen SchülerInnen regungslos und fasziniert dabei, wenn eine MitschülerIn gequält, zum Beispiel in den Müllcontainer gesteckt wird.

Was trägt die Schule, was tragen die LehrerInnen selbst bei zu dieser Verrohung? Zum Beispiel durch solch eigene sarkastische Bemerkungen wie „Ach ja, hast Du Dein Heft schon wieder nicht mitgebracht?“ Die Schule trage zum Beispiel auch durch Mobiliar zur Aggressivität bei, das Stillsitzen vollends zur Tortur macht, so eine Lehrerin: „Da falten sich unsere Zwei-Meter-Jungs auf Kinderstühlen zusammen.“ Nur wenige Stühle und noch weniger Tische sind höhenverstellbar. Toben auf den Fluren in den kleinen Pausen ist verboten. Der Pausenhof liegt kahl da, ohne ein einziges Fußballtor, ein einziges Klettergerät. Dazu schwinden die Toberäume im Stadtteil. Die Sportlehrerin: „Ich erlebe immer öfter Kinder, die Angst haben vor den Geräten, die nicht mal mehr über einen Bock klettern können.“

Äußerst kritisch also stapfte gestern eine Gruppe durch die Schule, fragte sich an jeder Ecke: „Was macht mich und die Schüler hier aggressiv, wo würde ich am liebsten gegentreten?“ Klar, die Mauer hier, das Gatter dort. „Wir sind doch kein Gefängnis!“ Heckenrosen wären das mindeste, außerdem die Mauer abreißen. Wieso stehen eigentlich keine Bänke rund um die Bäume? Und brauchen die SchülerInnen nicht genauso Rückzugsräume wie die LehrerInnen - also her mit der Kuschelecke unter der Treppe. Und einem Reifenhaufen und einem Kletterbaum - der Aufsicht hängt es schließlich auch zum Hals raus, ewig zu sagen: „Komm da runter, geh da weg.“

Tabu war gestern jeder Gedanke an Bezahlbarkeit und Umsetzbarkeit. Also gab es bald kein Halten mehr: Wieso eigentlich nicht aus den Vorzimmern zu den Klassen Sofaecken machen? Die SchülerInnen hängen ihre Jacken ohnehin nicht an die Haken dort, sondern legen sie zum Aufwärmen auf die Heizungen. Und die Aula, bislang nur für Festivitäten genutzt – öffnen für eine Pausendisco!

Die Schule an der Graubündener Straße ist natürlich nicht die erste, die sich solche Gedanken zur Aggressionsminderung macht. Die Schule an der Butjadingerstraße beispielsweise bietet als Gegengift vielerlei Sportarten an, in der Pestalozzischule in Gröpelingen ist auch nachmittags was los. Und das Schulzentrum in der Drebberstraße hat jeweils vier Klassen einen eigenen Schultrakt als „Zuhause“ reserviert – frei zur eigenen Gestaltung. cis

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