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Rummelsburger Bucht: Insel der Seligen

■ Wo die Olympische Familie residieren sollte, entsteht eine Wasserstadt für 12.000 Bewohner / Kosten: Fünf Milliarden

Die Olympiaplaner wollen nach dem Desaster „Berlin 2000“ nicht nur Brachen im Stadtgrundriß wie an der Chausseestraße hinterlassen. Die Rummelsburger Bucht und die Stralauer Halbinsel, ursprünglich als Standorte für die „olympische Familie“ vorgesehen, bleiben auf der Liste für den Stadtumbau. Die Pläne, bis zum Jahr 2000 dort 5.500 Wohnungen bauen zu wollen, werden auf das Jahr 2006 gestreckt, die Finanzierung für Arbeits- und Wohnstätten sowie soziale Einrichtungen muß von der Entwicklungsgesellschaft Rummelsburger Bucht (ERB) neu akquririert werden. Das private Investitionsvolumen wird auf rund 5,2 Milliarden Mark geschätzt.

Mit dem Instrument der Entwicklungsmaßnahme, die der Senat am Dienstag dieser Woche beschlossen hatte, „wird es möglich sein, eine Beschleunigung der Planungen sowie die Reduzierung der Kosten zu bewirken“, sagten gestern Bausenator Wolfgang Nagel und Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer. Allein die erhofften Abschöpfungen aus planungsbedingten Wertsteigerungen würden 430 Millionen Mark einbringen. Damit könnte Berlin einen Anteil für die Altlastenbeseitigung bereitstellen und Erschließungen, Grünanlagen, Schulen oder Kitas finanzieren, erklärten die Senatoren. Rund 410 Millionen Mark müssen in den nächsten zwölf Jahren zur Sanierung der verseuchten Böden aufgebracht werden. Davon trägt der Bund 75 Prozent der Kosten.

Das 130 Hektar große Gebiet, auf dem heute ein Sammelsurium von Industrien, Gebäuden des früheren Gefängnisses, Freiflächen und Wohnungen angesiedelt sind, soll zu einer neuen „Gelenkstelle“ zwischen Innenstadt und Peripherie werden, betonte Hassemer. Nördlich und westlich der Spreebucht sind entlang der Verkehrsadern Gewerbebauten vorgesehen. Auf der Halbinsel planten die Architekten Brenner (Berlin), Hertzberger (Amsterdam) und das Team MBM (Barcelona) für die „Wasserstadt“ in der Hauptsache Wohnungen und Freiflächen.

Das durch den nahen Ostbahnhof – den die Bahn mit einer Investition von einer Milliarde Mark zu einem Geschäftszentrum aufblasen will – und mehrere S-Bahnlinien gut erschlossene Gebiet eröffne die Chance, zu einem „Stück Stadt“ zu werden, das zu keiner „Halbinsel der seligen Reichen entwickelt werden darf, sondern für alle sozialen Schichten“ offen bleiben müsse, so Nagel. 12.000 Arbeitsplätze, soziale Einrichtungen sowie öffentliche Grünflächen und „Uferwanderwege“ sollten entstehen. Nagel räumte ein, daß die Anzahl der freifinanzierten Wohnungen den Löwenanteil ausmachen werde. Die Realisierung des Bauvorhabens wird bis in die Mitte des kommenden Jahrtausends hineinreichen. Die Umsetzung der städtebaulichen Konzeption ist in vier Phasen geplant. Mit dem Bau der ersten 300 bis 500 Wohnungen soll noch in diesem Jahr begonnen werden. Mit Blick auf Berlins zweite „Wasserstadt“ (Spandau) und deren schleppender Entwicklung, bemerkte Bernd Cronjaeger, Chef der ERB, sei die Gesellschaft hier in der glücklichen Lage, daß über ein Drittel der Flächen sich im Stadtbesitz befänden. Die übrigen Flächen verwalte die Treuhand oder gehörten privaten Eignern und Immobiliengesellschaften, darunter der Veba-Wohnen. Rolf Lautenschläger

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