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„Im Verlieren haben wir Übung“

Verlierer der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein waren die Volksparteien, allen voran die FDP / Gewinner: die Grünen, mehrere Wählergemeinschaften und die Statt Partei  ■ Aus Kiel Kersten Kampe

Kiel (taz) – Erst die Addition des Wahlergebnisses macht das Ausmaß der Niederlage für SPD, CDU und FDP deutlich. Knapp zehn Prozent der Stimmen büßten die etablierten Parteien bei der Kommunalwahl in Schleswig-Holstein ein – ein Denkzettel, wie auch das Meinungsforschungsinstitut infas konstatiert. Gewinner sind Bündnis 90/ Die Grünen, neue Protestparteien wie die Statt Partei, zahlreiche Wählergemeinschaften und die Partei der dänischen Minderheit, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW).

Landesweit büßte die SPD (insgesamt 39,5 Prozent) 3,4 Prozent ein. Das Resümee von Ministerpräsidentin Heide Simonis lautete denn auch, es sei der SPD nicht gelungen, vor Ort klarzumachen, daß ihre Partei die bessere sei. Die CDU (37,5 Prozent) mußte die stärksten Verluste einstecken (3,8 Prozent im Vergleich zur letzten Kommunalwahl). Zufriedenstellend fand der Landesvorsitzende der Partei, Ottfried Hennig, das Ergebnis natürlich nicht. Sein Kommentar: „Damit liegen wir genau im Bundestrend.“

Die FDP, die bei der letzten Kommunalwahl noch mit 6,1 Prozent drittstärkste Partei wurde, lag am Sonntag nur noch bei 4,4 Prozent und wird künftig in den Rathäusern aller vier kreisfreien Städte sowie in den meisten Kreistagen nicht mehr vertreten sein.

Jürgen Koppelin, Landesvorsitzender der Liberalen, sah sich denn am Abend auch bemüßigt, als Trostpflästerchen unter den Parteikollegen Feuerzeuge zu verteilen. Bedeutungsschwangerer Aufdruck: „Das Licht im Dunkeln“.

Die Niederlage gestand Koppelin zwar ein – „im Verlieren haben wir leider schon Übung“ – aber schuld sei nicht nur die Politik der Liberalen, sondern vorherige Umfragen, die die FDP bei drei Prozent sahen. „Viele Wähler denken dann: ,Ich verschenke meine Stimme – die FDP verliert sowieso‘“, unterstützte der Fraktionvorsitzende Ekkehart Klug die Ansicht seines Parteichefs.

Jubel dagegen bei den Grünen: Die Ökopartei legte landesweit um 4,3 Prozent auf 10,3 Prozent deutlich zu und verdoppelte vor allem in den großen Städten ihre Ergebnisse. In Kiel erhielten die Bündnisgrünen mit 15,2 Prozent eines der besten Ergebnisse im Land. „Das ist ein traumhaftes Ergebnis“, schwärmte Vorstandssprecherin Dörte Schnitzler. Auch die Partei der dänischen Minderheit, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), verbesserte sich von 1,6 auf 2,6 Prozent. In ihrer traditionellen Hochburg, der Grenzstadt Flensburg, erreichte der SSW 25,9 Prozent, vor vier Jahren waren es noch 19,2.

Siegerin der Kommunalwahl ist auch die Statt Partei. Sie erreichte beim ersten Anlauf den Einzug in die Rathäuser von Lübeck und Neumünster. In Lübeck entschieden sich 6,1 Prozent der Wähler für die Protestpartei, in Neumünster sogar 13 Prozent. Kreisweit hatten sie nur für die beiden Häuser kandidiert. Auf Gemeindeebene sahnten die Protestler vor allem im Hamburger Randgebiet ab. Hier erreichten sie in Schenefeld sogar aus dem Stand 16,9 Prozent. Statt- Partei-Landesvorsitzender Hans- Ulrich Dickmann zeigte sich denn auch überglücklich, aber „mein Wunsch hat sich nicht ganz erfüllt.“ Der Wermutstropfen für Dickmann: In Westerland auf Sylt scheiterte seine Partei an 20 Stimmen.

Auf dem Kopf stand im wahrsten Sinne des Wortes der Vorsitzende der Wählergemeinschaft in Raisdorf, einem Vorort von Kiel. Heinz Jürgen Jabcobs hatte vor der Wahl angekündigt: „Wenn wir beim ersten Anlauf über zehn Prozent kommen, mache ich einen Kopfstand.“

Bei einem Ergebnis von 19,2 Prozent mußte er sein Versprechen am Wahlabend wahr machen. Landesweit hatten die Wählergemeinschaften auf Kreisebene 3,9 Prozent der Stimmen gewonnen. In acht der Kreistage und Rathäuser ziehen sie ein.

In Kiel kam als Protestpartei die „Stadt Union Kiel“ auf beachtliche 9,6 Prozent. Erdrutschartige Verluste von fast zwölf Prozent erlitt dagegen die SPD in der Landeshauptstadt, wo sie mit 39,4 Prozent die absolute Mehrheit einbüßte. Die Grünen (15,2 Prozent) signalisierten bereits vor der Wahl ihre Gesprächsbereitschaft für eine Koalition mit der SPD. Die CDU kam auf 31,1 Prozent, die FDP scheidet mit nur noch 3,9 Prozent aus dem Rathaus aus.

Geringere Einbußen, von 45,1 auf 41,3 Prozent, hatte die SPD in Lübeck. Hier erlitt die CDU mit 6,7 auf 31,6 Prozent die stärksten Verluste. Die FDP scheiterte mit 2,8 Prozent, dagegen kamen die Grünen auf 10,5 Prozent.

Stolz sind die Möllner Grünen, die zum ersten Mal für den Stadtrat kandidierten: Ihnen gelang der Einzug gleich mit zwei Sitzen. Mölln bestätigte den Landestrend, SPD und CDU verloren Stimmen, die FDP ist nicht mehr im Parlament und Grüne wie Wählergemeinschaft wurden stärker. Die SPD erhielt elf Sitze, die CDU zehn und die Wählergemeinschaft vier.

Die NPD, die für den Kreistag des Herzogtum Laubenburgs kandidierte, aber nicht für den Stadtrat in Mölln, erhielt in der Kleinstadt 4,2 Prozent und liegt damit weit über dem Landestrend der Rechtsextremen.

Denn die rechtsradikalen „Republikaner“, die nur in Lübeck und Rendsburg-Eckernförde angetretenen waren, blieben mit landesweit 0,5 Prozent bedeutungslos. Für den SPD-Landesvorsitzenden Willi Piecyk ist denn auch das Erfreulichste an der Kommunalwahl, „daß die Rechten klein geblieben sind“.

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