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„Sie müssen das nicht ernst nehmen“

Somalias rivalisierende Kriegsherren Ali Mahdi und General Farrah Aidid lagen sich gestern zum zweiten Mal in den Armen / Ob die Geste ernst gemeint war, bleibt auch diesmal fraglich  ■ Aus Nairobi Bettina Gaus

Beifall brandete unter den somalischen Delegierten auf, als sich General Farrah Aidid und sein Rivale Ali Mahdi erst die Hände schüttelten und dann sogar einander in den Armen lagen: sichtbares Symbol für den Friedenswillen verfeindeter somalischer Bürgerkriegsfraktionen, den gestern auf dem UNO- Gelände in der kenianischen Hauptstadt Nairobi alle somalischen Verhandlungsführer unter Beweis zu stellen bemüht waren.

Unter den anwesenden Journalisten wurden Erinnerungen wach: Nur drei Tage nach der Invasion von US-Truppen in Mogadischu im Dezember 1992 hatten sich beide schon einmal vor laufenden Fernsehkameras spektakulär versöhnt, ohne daß ihrer Feindschaft damit tatsächlich ein Ende gesetzt oder ein Kompromiß in irgendeiner der strittigen Fragen erzielt worden wäre. Die Erklärung, die gestern von Mahdi und Aidid stellvertretend für fünfzehn Bürgerkriegsfraktionen unterzeichnet wurde, ist ebenfalls eher eine allgemeine Absichtserklärung als ein verbindliches Abkommen. Die somalischen Verhandlungsführer, die zwei Wochen lang in Nairobi unter Schirmherrschaft der UNO Gespräche geführt hatten, haben sich unter anderem darauf geeinigt, den „Frieden in ganz Somalia wiederherzustellen“, „Menschenrechte und demokratische Prinzipien zu respektieren“ und „eine Atmosphäre zu schaffen, die brüderlichem Zusammenleben förderlich ist“.

Konkret wird das Papier lediglich hinsichtlich des Zeitplans für die nächsten Monate. Am 15. April soll in Mogadischu ein Vorbereitungstreffen für eine „Konferenz der nationalen Versöhnung“ stattfinden, die für den 15. Mai geplant ist. Auf dieser Konferenz sollen dann auch Präsident, Vizepräsident und Premierminister gewählt werden.

Bereits in der Formulierung aber liegt die Möglichkeit des Scheiterns begründet: Die „Somalische Nationale Bewegung“ (SNM), die an den Verhandlungen in Nairobi nicht teilgenommen hat, wird als Teilnehmer an der Konferenz ausdrücklich genannt – gegenwärtig aber gilt es als fast ausgeschlossen, daß die SNM Delegierte zu einer derartigen Konferenz entsendet. Die ehemalige Widerstandsbewegung gegen den gestürzten Präsidenten Siad Barre hat ihr Territorium, den Nordwesten Somalias, bereits im Frühjahr 1991 für unabhängig erklärt und die „Republik Somaliland“ ausgerufen. Reist die SNM zu den geplanten Konferenzen nicht an, böte sich damit auch den anderen Bürgerkriegsfraktionen die Möglichkeit, ihre Teilnahme abzusagen, ohne des Vertragsbruchs beschuldigt zu werden.

Die Unterzeichnung des Dokuments war in den letzten Tagen mehrfach verschoben worden. Einige Beobachter glauben, daß die Zeremonie selbst dann im Interesse aller Beteiligten liegt, wenn sie ohne Folgen bleiben sollte. Die UNO kann unmittelbar vor Abzug der letzten westlichen Truppen aus Somalia einen politischen Erfolg vorweisen. Die Vertreter der verschiedenen somalischen Bürgerkriegsfraktionen bekommen Gelegenheit, ihre friedlichen Absichten zu bekunden, ohne reale Kompromisse eingehen zu müssen.

„Sie müssen das alles hier nicht ernst nehmen“, erklärte ein enger Mitarbeiter Ali Mahdis gegenüber der taz. „In keiner substantiellen Frage ist eine Annäherung erzielt worden.“ Strittig ist auch weiterhin, wer künftig die südsomalische Hafenstadt Kismayo kontrollieren soll. Der Machtkampf, der um diese Region tobt, war ursprünglich Hauptthema der Gespräche gewesen. Von heute an soll in Nairobi diese Frage weiter hinter verschlossenen Türen verhandelt werden.

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