piwik no script img

Moni Diepgen macht drei Kreuze

■ Welcher Feiertag muß dran glauben? Weihnachten macht die Lametta-Industrie nicht mit und Karfreitag der Klerus / Die Weißwürste machen es sich dagegen leicht

Mit mickrigen zehn Feiertagen im Jahr bildet Berlin zusammen mit den Bundesländern Schleswig- Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Bremen in der Bundesrepublik das einsame Schlußlicht. Aber die Preußen wollten es ja nicht anders haben. Der Süden wußte schon immer besser, Feste zu feiern. Allen voran die Bayern. Im Freistaat ruht an 13 Festtagen die Arbeit, in manchen Regionen mit überwiegend katholischer Bevölkerung sogar an 15 Tagen. Und nicht einmal jetzt wollen die Weißwürste einen davon opfern. Der bayrische Sozialminister Gebhard Glück versprach, alles zu tun, damit die „religiöse und weltliche Brauchtumsfreizeit“ erhalten bleibe. Statt dessen, so sein Vorschlag, könne ein gesetzlicher in einen geschützten Feiertag umgewandelt werden. Die Arbeitnehmer könnten dann selbst entscheiden, ob sie unbezahlt frei nehmen oder arbeiten wollen.

In Berlin kommt so etwas natürlich nicht in Betracht. Ein großer Spielraum in der Diskussion, welcher Feiertag dran glauben soll, besteht ohnehin nicht. Die variablen Festtage fallen von vornherein weg, weil es ein Feiertag sein muß, der stets auf einen Wochentag fällt.

Nicht in Gefahr sind demnach:

Neujahr: Fällt in der Regel auf den 1. Januar. Tag der Ausnüchterung und Start eines neuen Lebens als Nichtraucher. Spätestens am 2. Januar sind aber alle guten Vorsätze dahin.

1. Mai: Kampftag der Arbeiterklasse und der Kreuzberger Kids. Die Polizei und Politiker beten – meist vergebens – für schlechtes Wetter.

3. Oktober, Tag der deutschen Einheit: Könnte sofort ersatzlos gestrichen werden. Aber nicht möglich, weil er gelegentlich aufs Wochenende fällt.

Weihnachten: Jesu Geburt ist nicht nur der Lametta-Industrie heilig. Für einen Verzicht plädieren nur Gänse, Karpfen, Puter, Lachse und Rehrücken.

Als Feiertag aus dem Kalender gestrichen werden könnte jedoch:

Karfreitag: Tag der Wehklage und Trauer, der dem Gedächtnis an den Kreuztod Jesu gewidmet ist. Aus diesem Grund würde der Klerus aber niemals bei einer Streichung dieses Feiertags mitmachen. Auf die Barrikaden gehen würden aber auch Otto und Emma Normalverbraucher. Schließlich macht der Karfreitag das verlängerte Fernsehwochenende erst zu dem, was es ist.

Ostermontag: Zweiter Feiertag des Osterfestes. Das älteste von allen christlichen Festen zeichnete sich schon in den ersten Jahrhunderten durch große Feiern aus. Es wird immer an dem Sonntag und Montag gefeiert, die zunächst auf den Frühlingsvollmond folgen, frühestens am 21. März und spätestens am 18. April. Die Friedensbewegung spaziert im Geiste Goethes und marschiert wie einst General Bastian.

Himmelfahrt: Jesus fährt auf. Besser bekannt als Vatertag. Dumpf-Heteros überfallen im Rudel Gaststätten.

Pfingstmontag: Zweiundvierzigster Tag nach Ostern. In den Kirchen des Westens Fest der Herabsendung des Heiligen Geistes. Im Osten Hochfest der Trinität und Geistsendung. Der wahre Deutsche macht Kurzurlaub auf der Autobahn im Stau.

Buß- und Bettag: Seit über hundert Jahren am Mittwoch nach dem Totensonntag. Die reformatorischen Kirchen führten bereits 1532 ihren ersten Bußtag in Straßburg ein. Ursprünglich Tag, um Buße zu üben. Wird aber zunehmend als Bett-Tag zum Nummerschieben mißbraucht. Das will Diepgen jetzt abschaffen. Moni macht drei Kreuze. Plutonia Plarre

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen