Unterm Strich

Es muß an Ostern liegen, daß dem wachhabenden Kulturredakteur beim Blick in den Kurzmelderkasten das Wasser im Munde zusammenläuft: Mit den Händel-Festspielen in Halle wähnt er sich im Schlaraffenland, sieht knusprig gebackene Hühnerbeine auf der Bühne des Opernhauses ein Ballett vollführen, bevor man sie am Ende der Vorstellung in einer Weinsauce serviert. Doch in Wirklichkeit ist nur von jenem altehrwürdigen Barockkomponisten Georg Friedrich Händel die Rede, in dessen Geburtsstadt die Bühnenwerke „Flavio“, „Giustino“ und „Almira“ aufgeführt werden.

Kloster Maulbronn klingt auch nicht übel, ein bißchen nach Weinschenke. Dort wurde bis vor kurzem sicher noch ein guter Tropfen zum Essen gereicht, den die Mönche eigenfüßig gestampft und gekeltert hatten. Nun wird das 1147 gegründete und bestens erhaltene Zisterzienserkloster zum 14. April in die Unesco-Liste der Weltkulturdenkmäler aufgenommen. Für Baden-Württemberg ist es das erste welthistorisch herausragende Bauwerk, weshalb dem viertägigen Festakt auch Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) vorsitzen wird, dessen Name zumindest für Animositäten mit dem Klerus bürgt.

Zu einem touristischen Ereignis scheint sich gegenwärtig die Salvador-Dalí-Ausstellung zu entwickeln, die am vergangenen Donnerstag in der Zitadelle Berlin-Spandau eröffnet wurde. Bereits am Wochenende hatten rund 7.000 Osterspaziergänger (dpa nennt sie alle zusammen freiweg Kunstinteressierte und denkt dabei wohl auch ein wenig wehmütig an die Zeit zurück, als jeder Kiffer den spanischen Paranoiker beim Betrachten zerfließender Uhren für das letzte magische Auge dieser Welt gehalten hatte) zunächst eine strapazenreiche U-Bahn- Fahrt in Kauf genommen, um nach einem kleineren Fußmarsch in dem mit gutem westdeutschem Backstein total renovierten Verteidigungsgehäuse die surrealen Skulpturen und Grafiken des katalanischen Künstlers zu betrachten. Zuvor waren die Exponate mit ebenso großem Erfolg schon in Frankreich, Italien, Belgien, der Schweiz und Japan zu sehen gewesen. Einen neuen Trend indes will trotz der documenta-artigen Besucherzahlen auch unsereins noch nicht so recht ausmachen: Der skurrile Kitschkünstler und Vater aller Motorhauben-Airbrush-Lackierer als Wegweiser ins nächste Jahrtausend?