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„Gündem“ vor dem Aus

■ Muß die prokurdische Tageszeitung endgültig ihr Erscheinen einstellen?

Istanbul/Berlin (AFP/taz) – Die prokurdische türkische Tageszeitung Özgür Gündem deren Produktion am vergangenen Donnerstag für zunächst 15 Tage verboten wurde, muß voraussichtlich ihr Erscheinen endgültig einstellen. Dies wurde am Mittwoch aus der Zeitung nahestehenden Kreisen in Istanbul mitgeteilt. Özgür Gündem wird von den türkischen Behörden beschuldigt, „separatistische Propaganda“ verbreitet zu haben – der Standardanwurf gegen alle prokurdischen Äußerungen. Zur Begründung des jüngsten Verbotes hatte das Gericht nach Angaben von Gündem-Vizechefredakteur Fahri Ferda Çetin insbesondere ein Interview mit PKK- Chef Abdullah Öcalan in den Ausgaben vom 2. und 3. Mai 1993 genannt. In der kommenden Woche sollte ein neues Interview mit Öcalan in der Zeitung erscheinen.

Der türkische Revisionsgerichtshof hatte in der vergangenen Woche eine Entscheidung des Staatsgerichtshofs vom Dezember über die vorübergehende Suspension zunächst bestätigt. Über ein weiteres neunmonatiges Verbot sowie eine Geldstrafe von sieben Milliarden türkischen Lire (umgerechnet etwa 400.000 Mark) gegen Özgür Gündem wurde vom Revisionsgerichtshof noch nicht entschieden. Mitarbeiter der Zeitung zeigten sich jedoch wenig optimistisch.

Die jahrelange Zermürbungsstrategie und die Repressionen gegen die Gündem-MitarbeiterInnen bleiben nicht ohne Wirkung. Seit Juni 1992 wurden 17 Journalisten von Özgür Gündem bei mehreren Zwischenfällen getötet, sagte am Mittwoch der Eigentümer der Zeitung, Zubeyir Aydar. 35 weitere Journalisten befänden sich unter dem Vorwurf „separatistischer Propaganda“ im Gefängnis. Allein vier Mitglieder der Chefredaktion sitzen nach Gündem-Angaben im Bayrampasa-Gefängnis in Istanbul. „Der physische und wirtschaftliche Druck auf Özgür Gündem verhindert das Überleben unserer Zeitung“, sagte Aydar resigniert.

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