: Revolutionäre Mai-Demo fällt ins Wasser
Das bringt der Wonnemonat: Autonome feiern Straßenfest, Stalinisten demonstrieren gegen autonome „Kapitulatoren“, und ein breites Bündnis will möglichen FAP-Aufmarsch verhindern ■ Von Uwe Rada
Ganz im Zeichen gegen Rechts steht in diesem Jahr der 1. Mai: „Berlin darf nicht zum Schauplatz rechtsextremistischer Ausschreitungen am 1. Mai werden“, fordert die Vorsitzende des DGB-Landesverbands, Christiane Bretz, in einem Brief an den Regierenden Bürgermeister. Im vergangenen Jahr war die rechtsextremistische „Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP) unter Polizeischutz durch Lichtenberg gezogen, im Jahr davor veranstaltete die FAP einen Aufmarsch im Prenzlauer Berg. „Allein die Genehmigung dieser Aufmärsche“, heißt es in einer Stellungnahme der Gewerkschaft HBV, stelle „in einer Zeit nach Rostock, Mölln und Solingen“ einen Skandal dar. Unter dem Motto „Für soziale Gerechtigkeit, gegen Rassismus und Faschismus“ wollen deshalb verschiedene Gewerkschaftsbündnisse in diesem Jahr auf der DGB- Kundgebung um 11 Uhr im Lustgarten demonstrieren. Um einen möglichen Aufmarsch der FAP zu verhindern, hat sich nun auch ein Bündnis von kritischen Gewerkschaftern bis Autonomen zusammengefunden. Sobald ein Aufmarschort bekannt ist, sagte ein Sprecher des Bündnisses gegenüber der taz, soll zu einer Gegenkundgebung vor Ort mobilisiert werden. Bei der Polizei hieß es zu einem möglichen Naziaufmarsch lapidar: „Kein Kommentar.“
Unterdessen wird in Kreuzberg gefeiert statt demonstriert. Zum ersten Mal seit sechs Jahren wird es am 1. Mai keine „revolutionäre Demonstration“ geben. Nachdem bereits im vergangenen Jahr der Kreuzberger Scherbenlauf von mehreren autonomen Gruppen als „Ritual“ und „ohne Inhalt“ kritisiert worden war und sich im Vorbereitungskreis organisierte K-Gruppen mit undogmatischen Gruppen gestritten hatten, fand sich heuer keiner bereit, das alljährliche Spektakel vorzubereiten. Statt dessen soll es ab 10 Uhr am Oranienplatz ein alkoholfreies „internationalistisches Straßenfest“ geben. Das von 50 verschiedenen Initiativen organisierte Fest soll, wie es in einem Aufruf heißt, „diesen Tag wieder mit Leben füllen“. Außerdem biete das Fest Gelegenheit, „über die Aktivitäten der Nazis zu informieren und gegebenenfalls Leute zu mobilisieren“.
Unterdessen mobilisieren auch die „Revolutionären Kommunisten“, eine Gruppe der stalinistischen RIM, zum Oranienplatz. Nachdem es im vergangenen Jahr schwere Auseinandersetzungen zwischen der RIM und dem linken Demozug in Kreuzberg gegeben hatte, will die RIM nun auch gegen die „rassistischen und antikommunistischen Ausschreitungen“ der autonomen „Kapitulatoren“ demonstrieren. Aber selbst in der Kreuzberger Szene rechnet kaum einer damit, daß mehr als 200 Leute dem Aufruf der RIM folgen werden. Mehr Teilnehmer erwarten dagegen die „Kreuzberger Patriotischen Demokraten/Realistisches Zentrum (KPD/RZ)“. Die nimmermüde Sponti-Partei will in diesem Jahr die „pluralistischste aller Demos“ organisieren und ruft deshalb um 21 Uhr am Marheinekeplatz zur Demo, Motto: „Gegen sinnlose Gewalt und nächtliche Ruhestörung“, auf.
Infotelefon zu möglichen Naziaufmärschen: 0172-301 17 13
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