: Merkwürdig
■ betr.: „Homo allein genügt nicht“, taz vom 11.4.94
Wie merkwürdig ist doch mancher Kollegen Arbeitsweise! Wie Micha Schulze, so war auch ich auf dem Kongreß „Emanzipation, Vielfalt, Selbstbestimmung – Visionen und Realität“ der PDS- Schwulengruppe, über den er verlauten ließ: „So saßen am Freitag bei der Eröffnungsdiskussion über die DDR-Lesben- und Schwulenbewegung nur zwei männliche Berliner Szenegrößen auf dem Podium...“ Anwesenheit vorausgesetzt, hätte Schulze manches auffallen müssen. Erstens war kein Podium (lat.: erhöhte Sitzfläche für Referenten) da, zweitens ging es gar nicht um die DDR-Lesben- und Schwulenbewegung, weil niemand auf Anekdötchen Lust hatte. Und in eigener Sache möchte ich den Titel „Szenegröße“ von mir weisen. – Beim aktuellen Zustand der Szene ist das fast ehrenrührig!
Die Organisation soll „katastrophal“ (griech.: gewaltiges Unglück) gewesen sein. So so. „Auch das angekündigte Kulturprogramm fiel überraschend ins Wasser.“ – Meines Wissens war keines angekündigt. Einen Kongreß (lat.: „Zusammenkunft“) definieren Lexika als politische oder fachliche Versammlung. Warum setzt Schulze das Wort in Anführungszeichen? Nicht nur das stinkt nach Denunziation. Vorträge soll es gegeben haben, „die so oder ähnlich schon dutzendmal gehalten wurden“. Womit sie moralisch gewiß ungemein verschlissen sind. Schulzes Beitrag „Ausländer gegen Schwule“ im April-Heft des Unterleibsmagazins Männer aktuell läßt leider vermuten, daß die Dutzenden Rassismus-in-der-Szene- Referate bei ihm kaum Spuren hinterlassen haben. [...]
Es liegt mir fern, Sie en détail auch noch mit der Dummheit des Restgewäschs zu langweilen. Nur soviel: Halbwegs seriöse Journalisten verkneifen sich gemeinhin Kommentare zu einem Dreitageskongreß, auf dem sie maximal drei Stunden gesehen worden sind. Alles andere ist eine Verarschung der LeserInnen. Eike Stedefeldt, Journalist
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