: Wenn Vermieter zweimal klingeln
■ ...sollte man die Türklinke festhalten / Im Schanzenviertel klaute Hausbesitzer unliebsamen Mieterinnen die Wohnungstür Von Sannah Koch
Es soll Vermieter geben, die fallen mit der Tür ins Haus. Noch Schlimmeres haben allerdings drei Mieterinnen im Schanzenviertel mit ihrem Hauseigentümer erlebt: Weil er sie aus der Wohnung ekeln will, griff er zu einer besonders fiese Schikane: Er klaute ihnen am Donnerstag abend einfach die Wohnungstür.
Das Klingeln an der Tür ließ Roswitha Schmid und Irina Ruppert auch gestern nachmittag noch aufstöhnen: „Oh Gott, hoffentlich sind die das nicht schon wieder.“ In den Zimmerecken liegen zusammengeknüllte Schlafsäcke, Überbleibsel der Nachtwachen, die Freunde derzeit auf ihre Bitte in der Wohnung der Schanzenstraße 46 schieben.
Anlaß zur Angst hätten sie eigentlich nicht, ihr Mietverhältnis ist völlig legal. Bereits seit acht Jahren hat die Hauptmieterin Wiebke Rehder einen Mietvertrag für die Wohnung, die sie schon seit geraumer Zeit in Absprache mit dem Vermieter untervermietet hat. Doch im Januar hatte der das sanierungsbedürftige Haus an Andreas H. und Andreas K. verkauft. Und die demonstrieren jetzt ein ganz eigenes Verständnis von Mietrecht.
Als die drei Frauen sich am vergangenen Sonntag völlig arglos an die Renovierung ihrer Wohnung machen wollten, erlebten sie den ersten Schreck: Der Schlüssel paßte nicht mehr ins Schloß. Ein lapidarer Zettel klärte sie darüber auf, daß das Schloß ausgewechselt worden und der neue Schlüssel beim Vermieter abzuholen sei. Bei dieser Gelegenheit bot dieser Wiebke Rehder beiläufig eine Bleibe im Nachbarhaus an, weil er ihre Wohnung sanieren wolle. Über die beiden neuen Untermieterinnen verlor er kein Wort; Wiebke Rehder lehnte das Angebot ab.
Die Reaktion folgte prompt. Donnerstag, kurz vor 18 Uhr, klingelt es: Die beiden Eigentümer und zwei weitere Männer stehen vor der Tür. Ohne großes Gezucke heben sie diese aus den Angeln: „Wir haben keinen Bock auf Euch“, so Roswitha, habe ihr einziger Kommentar gelautet. Und: „Wenn Euch das nicht reicht, wir kennen noch andere Maßnahmen“. Und zogen mit der Tür ab.
Nicht so einfach, Donnerstag abends eine neue Wohnungstür zu beschaffen, und vor allem nicht billig – das wissen die Frauen jetzt. 900 Mark mußten sie dem Tischler für seine Nachtarbeit hinblättern. Auch auf der Polizeiwache zeigte man sich beeindruckt. Dennoch wollten die Beamten den Vorfall nicht als Hausfriedensbruch werten, so Irina, allenfalls als Diebstahl einer Tür.
Jetzt heißt es abwarten, was noch passiert. In die neue Wohnungstür haben die Frauen sicherheitshalber ein Guckloch machen lassen.
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