: Im Duett singen die Mainzelmännchen
■ Das „Theater im Zimmer“ zeigt Molières „Eingebildeten Kranken“
Ein breites Bett, zwei Nachttische, randvoll mit Medikamenten, einige Stühle – mehr paßt nicht auf die winzige Bühne des Theater im Zimmer. Im Bett leidet Argan, der eingebildete Kranke, vermeintlich dem Tode entgegen. Seine Ehefrau schmiedet eine Intrige, um an sein Geld zu kommen, Tochter Angélique trachtet nach der Liebe, nach Cléante, doch sie soll den Stutzer Thomas ehelichen. Über allem waltet Toinette, das treue Hausmädchen. Sie öffnet schließlich ihrem Herrn die Augen und ebnet so den Weg zum Operettenfinale.
Molieres Stück ist ein Muster an Theaterwirksamkeit. Das hat Christoph Roethel in seiner Inszenierung weidlich ausgenutzt: die Figuren überzeichnet und die Medizin- und Konventionenkritik zur Farce verdichtet. Das schafft Raum für Paradeauftritte. Angélique (Astrid Rashed) und Cléante (Michael Dangl) buhlen umeinander in einem Singspiel, das sich anhört, als würden die Mainzelmännchen ein Duett zwichen Brünhilde und Siegfried proben.
Wolfgang Rau als Dr. Diafoirus und Mark Wiegel als sein Sohn überziehen die Spießer-Karikatur so weit, daß sie selbst daraus noch Spaß pressen. Auch wenn manches danebengerät und man die Sinnfrage nicht überstrapazieren sollte: Die Aufführung kommt einfallsreich und lustig daher.Allerdings verstimmt die dargebotene New-Age-Apologie, die bei der Diskussion über die Schulmedizin allzuviel medidatives Pathos über die Szene wabern läßt.
Doch Gerda Gmelins Spiel vermag mit der Aufführung wieder zu versöhnen. Die Prinzipalin des Theaters im Zimmer, große alte Dame und – mit Verlaub – Theaterschlachtroß in Personalunion, gibt den Argan. Klein, grauhaarig und etwas gekrümmt schon, liegt sie im Bett und, ach, leidet. Oder sie schimpft wie ein Rohrspatz und hackt mit ihrer schmalen Nase auf die anderen ein wie ein Habicht. Sie vermittelt etwas von der schönsten und hoffentlich nicht eingebildeten Krankheit: der Theatersucht. Man wünscht, sie möge sich nicht kurieren lassen.
Dirk Knipphals
Theater im Zimmer, 20 Uhr, noch bis Ende Mai.
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