: Einigung in Sicht
■ In den Tarifstreit für Ostbeschäftigte im öffentlichen Dienst ist Bewegung gekommen / Heute trifft Diepgen die ÖTV-Spitze
Die Zeit für den Senat, einen Ausstand im öffentlichen Dienst Ostberlins zu vermeiden, wird knapp. Bis zum 25. Mai, so die Gewerkschaft Öffentliche Dienste Transport und Verkehr (ÖTV) vor rund zwei Wochen, müsse ein „einigungsfähiges Ergebnis“ für die rund 110.00 Beschäftigen in Ostberlin vorliegen. Ansonsten werde die Urabstimmung für einen Streik eingeleitet.
Damit es so weit erst gar nicht kommt, wollen heute Vormittag um elf Uhr der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und ÖTV-Chef Kurt Lange einen Ausweg aus der festgefahrenen Situation finden. Zugleich tagt das Finanzkabinett des Senats. Fernab aller Muskelspielereien – in den Kindertagesstätten mehrerer Ostbezirke treten die Erzieher am heutigen Dienstag von sechs bis acht Uhr in einen Warnstreik – stehen die Chancen auf eine Einigung nicht schlecht.
Wie die taz aus Kreisen der Gewerkschaftsspitze erfuhr, ist seit letzter Woche Bewegung in die starren Fronten gekommen.
Nicht mehr ausgeschlossen wird bei der ÖTV der Rückgriff auf ein Stufenmodell, um die Angleichung der Ostgehälter an das Westniveau zu erreichen. Pressemeldungen, wonach bereits ab Januar nächsten Jahres 90 Prozent der Westbezüge an die Ostbeschäftigten ausgezahlt werden, werden allerdings als „heftige Spekulation“ bezeichnet. Für inaktzeptabel gilt ein früherer Vorschlag der Innenverwaltung, bis Anfang 1997 die 100-Prozent- Angleichung durchzuführen. Man wolle auf „keinen Fall“ hinter die Regelungen der IG Metall zurückfallen, für deren Ostbeschäftigte die Löhne in einem Stufenplan bis zum 1. Juli 1996 an das Westniveau angehoben werden.
Die ÖTV ihrerseits scheint ebenfalls von früheren Positionen abzurücken. Während in den letzten Wochen der Senat stets an sein Verprechen erinnert wurde, die Ostlöhne bis zum Ende der Legislaturperiode 1995 an den Westtarif anzuheben, heißt es nun: Sollte der Senat von seinem ursprünglichen Versprechen abweichen, müsse der „Angleichungsprozeß“ nunmehr schon früher einsetzen. Allerdings solle der Zeitpunkt für eine 100-Prozent-Regelung in „deutlicher Nähe“ zum bislang verkündeten Zeitrahmen des Senats liegen, heißt es aus der ÖTV- Chefetage. Angedeutet wurde die Möglichkeit, daß Berlin in einem ersten Schritt bereits im Oktober dieses Jahres auf den dann geltenden 82-Prozent-Tarif für Ostbeschäftigte noch einmal eigenständig Gelder „draufsattelt“. sev
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