: Unterm Strich
Sag niemals nie: Walter Jens ist „dem Vernehmen nach“ (dpa) doch noch einmal bereit, für das Amt des Präsidenten der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg zu kandidieren. Für die am kommenden Wochenende steigende Mitgliederversammlung haben sich etwa 120 der 300 Mitglieder angemeldet, was von interner Seite als „beträchtlicher Anstieg des Interesses“ im Vergleich zu vorausgegangenen Wahlveranstaltungen verbucht wird. (Bei einer Bundestagswahl... nicht auszudenken! Horror! Untergang des Abendlandes!) Es steht ja auch nicht nur die Bestätigung Jensens sowie einiger Abteilungsdirektoren an, es wird auch über den Akademie-Neubau am Pariser Platz zu beraten sein. „Pariser Platz 4“ heißt etwas geheimnisvoll das interne Gutachterverfahren der „Abteilung Baukunst“ für das Projekt, wohl deswegen, weil seine Realisierung terminlich mit den anderen geplanten Bauten am Pariser Platz abgestimmt werden muß: der amerikanischen Botschaft und dem wieder aufzubauenden legendären „Hotel Adlon“. Zur Eröffnung des Events gibt's ein letztes Mal von Weizsäcker. Außerdem im Rahmenprogramm: ein Festabend, auf dem Jens zusammen mit Vicco von Bülow (Loriot) aus dem Briefwechsel zwischen Friedrich II. („der Große“) und Voltaire lesen. Wer wen gibt, dürfen Sie raten.
Solche Klassiker-Lesungen im repräsentativen Rahmen sind ja überhaupt heuer schwer en vogue. Zwischenstand des Peter- Stein-Faust-II-Lesemarathons: der vierte Akt wurde am Pfingstmontag im Kammermusiksaal der Philharmonie anstandslos durchgestanden. Ironische Untertöne halfen über Durstrecken hinweg, schauspielerische Einlagen stimmten die Jury günstig. Leichte Punktverluste allerdings durch Bernhard Minetti, der mit „Faust I“ den abendlichen Programmplatz belegte, so daß aus Steins geplanter Soirée eine Matinée wurde.
Gestorben: Joe Pass, den bei seinem Berliner Gastspiel unlängst nicht noch einmal gesehen zu haben der Kurzmeldende nun natürlich aufs heftigste bedauert. Pass war, nach dem Abklingen jugendlich-euphorischer Bebop-Neigungen und diversen Jobs für u.a. Frank Sinatra, der Großmeister des smooth-virtuosen, von jeglichem Innovationseifer unbeeindruckten, stoisch-virtuosen Fingerspiels, das er ab 1970 in einer Art One-Man-Show durchzog. Pass hatte Krebs.
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