: Reuesignale aus dem Vatikan
■ Erstmals ist von einer Mitschuld am Holocaust die Rede
Jerusalem/Rom (epd/taz) – Erstmals in der Geschichte des katholisch-jüdischen Dialogs haben sich Vertreter des Vatikans und des „Internationalen Jüdischen Komitees für Interreligiöse Konsultation“ in Jerusalem getroffen. Wie Rabbi David Rosen, Mitglied der Gesprächsgruppe, am Mittwoch im israelischen Rundfunk sagte, wird bei dem Treffen eine Stellungnahme des Vatikans zur Mitschuld der katholischen Kirche an Antisemitismus und am Holocaust beraten.
Rosen bezeichnete den Text des in Vorbereitung befindlichen Dokuments als „revolutionär“ und „von historischer Bedeutung“. Es sei das weitestgehende Dokument, das Rom je beraten habe. Es werde darin von der Notwendigkeit einer inneren Umkehr und einer wahrhaftigen Reue über Taten und Haltung der Kirche gegenüber den Juden in 2.000jähriger Geschichte gesprochen.
„Der Holocaust fand in Gebieten statt, die im wesentlichen christlich waren und zum größten Teil katholisch“, erklärte der Leiter der katholischen Delegation, Kardinal Edward Cassidy, einem Bericht der Jerusalem Post zufolge. Die Kirche könne dies nicht ignorieren. Sie müsse auf die Fragen, die der Holocaust stelle, Antwort geben, so der Präsident der vatikanischen Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum.
Die Wahl des Konferenzortes wurde in der Jerusalem Post als „radikale Wende“ in der Einstellung des Vatikans gegenüber Jerusalem interpretiert. Habe der Vatikan bisher eine Internationalisierung der Stadt gefordert, so erkenne er jetzt die „jüdische spirituelle Souveränität über Jerusalem“ an, schrieb die Tageszeitung. Bisher fand kein Treffen des Internationalen Jüdischen Komitees und des Vatikans in Israel statt. Das Komitee war bis zur Unterzeichnung der diplomatischen Beziehungen, die erst vom Anfang dieses Jahres datieren, offizieller Gesprächspartner des Judentums gegenüber dem Vatikan.
Der Vatikan äußerte sich gestern nicht zu dem „revolutionären Dokument“. Das Papier sei lediglich entgegengenommen worden und trage einen Eingangsstempel, sagte ein Sprecher. Bislang hat die offizielle katholische Kirche ihre Mitschuld am Holocaust stets energisch bestritten.
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