: Polizei prügelt für Haider
■ Schwere Auseinandersetzungen bei Wahlkampfveranstaltung mit rechtem Österreicher / Viele Verletzte und Festnahmen Von Kai von Appen
Hamburgs Polizei hat gestern Mittag eine Wahlkampfveranstaltung des „Bund Freier Bürger“ (BfB) mit dem rechtsradikalen österreichischen FPÖ-Chef Jörg Haider durchgesetzt. Dabei gingen Polizei-Greiftrupps brutal gegen Demonstranten und Jounalisten vor. 13 Personen wurden festgenommen, mehr als 20 durch Reizgas und Knüppeleinsatz verletzt.
Die Konfrontation hatte kurz nach Beginn der Kundgebung begonnen. Als BFB-Chef Manfred Brunner und Jörg Haider unter den Klängen der Eurovisions-Fanfare die Bühne betraten, ertönte auf dem Gänsemarkt ein ohrenbetäubendes Pfeif- und Trillerpfeifenkonzert. Die rund 300 Gegendemonstranten skandierten: „Nazis raus, Nazis raus“ und „Alle woll'n dasselbe, Haider in die Elbe.“ Faule Eier und Farbbeutel flogen auf die Tribüne, die von Bodyguards mit Regenschirmen abgefangen wurden.
Als es an der Gitterabsperrung zu Rangeleien zwischen Ordnern und Demonstranten kam, zog zunächst unifomierte Polizei mit Helmen und Schilden auf. Doch die Streitmacht beschränkte sich nicht auf Bühnensicherung. BeamtInnen des Einsatzzug-Mitte – der Ende der achtziger Jahre wegen seiner Knüppelorgien bekannt wurde – sowie ein Greiftrupp der Bereitschaftspolizei stürmten plötzlich in die Menge und sprühten den ProtestlerInnen aus nächster Distanz Tränengas in die Augen, schlugen auf DemonstrantInnen ein und warfen mehrere zu Boden. Mindestens 20 Personen wurden bei dieser Attacke verletzt. Die Protestler reagierten mit Sprechchören: „Deutsche Polizisten schützen die Faschisten.“
Wenig später gerieten die zivilen Polizeitrupps völlig außer Rand und Band. Auch der Hamburger WDR-Reporter Oliver Neß wurde von Zivilpolizisten angegriffen, in den Würgegriff genommen und zu Boden geschleudert. Anschließend wurde er von den „Zivis“ sowie von Uniformierten in die Mangel genommen. Erst als Pressefotografen intervenierten, fragte ein Beamter seinen Kollegen, was denn eigentlich gegen das Opfer vorliege. Antwort: Achselzucken – daraufhin wurde Neß mit diversen Verletzungen freigelassen.
Dessen Anwalt Manfred Getzmann kündigte an, Strafantrag wegen Mißhandlungen und Körperverletzung im Amt zu stellen. Während der Randale nahm die Polizei nach eigenen Angaben 13 Personen wegen „versuchter gefährlicher Körperverletzung, Gefangenenbefreiung und Landfriedensbruch“ fest.
Obwohl die Worte von Haider nicht zu hören waren, setzte er seine Rede vor knapp 50 Anhängern fort. Nach nur zehn Minuten hatte er nichts mehr zu sagen. Haider bedankte sich bei der Polizei, das sie ihn vor dem „linken Mob“ geschützt habe – schließlich hatte sie medienwirksame Bilder geliefert – und verzog sich mit verschmiertem Jackett hinter die Bühne.
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