: Alptraum am Morgen
■ Besetzer der Rigaer Straße von Schlägertrupp heimgesucht / "Kalte Räumung" von Eigentümern bestritten
Die HausbesetzerInnen der Rigaer Straße 80 im Bezirk Friedrichshain erheben schwere Vorwürfe gegen die Eigentümer des Gebäudes: Diese hätten am Sonntag morgen einen vermummten Schlägertrupp in das Haus geschickt, um die BesetzerInnen hinauszuprügeln. Die Hauseigentümer dementieren: „Wir haben damit nichts zu tun.“
Was sich nach Darstellung der BesetzerInnen am Sonntag gegen 5.30 Uhr früh im Hinterhaus der Rigaer Straße 80 ereignete, gleicht einem Alptraum: 15 mit Knüppeln und Schreckschußwaffen ausgerüstete vermummte Männer seien in das Gebäude eingedrungen und hätten auf die BewohnerInnen eingeprügelt und um sich geschossen. Nur weil einige BewohnerInnen noch wach waren, sei es gelungen, die anderen zu warnen. Mit zu Schlagwerkzeugen umfunktionierten Flaschen hätten sie die Angreifer aus dem Haus gedrängt. Auf beiden Seiten gab es Verletzte.
Bis auf einen etwa 35jährigen Mann seien alle Angreifer entkommen. Die BesetzerInnen hielten den Mann nach eigenen Angaben so lange fest, bis die Polizei rund 45 Minuten später am Ort des Geschehens eintraf. Während der Wartezeit befragten sie den Mann, wer er sei. Fünf Zeugen könnten bestätigen, daß der Festgehaltene gesagt habe, „der Besitzer“ habe den Schlägertrupp bezahlt, das Haus zu räumen. Außerdem habe der Mann, der sich im Krankenhaus befindet, versichert, „kein Nazi“ zu sein. Die Besetzer bestreiten, den Mann während des Wartens auf die Polizei mißhandelt zu haben. Seine Verletzungen seien bei der Auseinandersetzung zustande gekommen. Auch ein Bewohner liege mit Verdacht auf Schädelriß im Krankenhaus. Die Polizeipressestelle teilte gestern in dürren Worten mit, „einige Herren“ hätten das Haus am Sonntag morgen „betreten wollen, um es für Baumaßnahmen zu besichtigen“. Dabei sei es zu Handgreiflichkeiten mit den Besetzern gekommen. Beide Parteien hätten Anzeige wegen Körperverletzung erstattet.
Die Rigaer Straße 80 ist seit vier Jahren besetzt. Das Haus hat unlängst ein Kaufmann namens Hans Dieter Rosemann von einer Erbengemeinschaft gekauft. Rosemann, der mit den Besetzern bereits über Mietverträge verhandelte, bestritt gegenüber der taz jedoch, der Besitzer zu sein: er sei noch nicht ins Grundbuch eingetragen. Mit dem Überfall hätten weder er noch die Erbengemeinschaft etwas zu tun. Er habe nichts gegen die Bewohner und würde mit ihnen auch jetzt noch Verträge abschließen.
Letztes Jahr haben die Hauseigentümer wiederholt versucht, besetzte Häuser durch Schlägertrupps räumen zu lassen. plu
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