: Ein paar Minen weniger
■ Bundeskabinett beschließt dreijähriges Ausfuhrverbot für Anti-Personen-Minen
Bonn (taz) – Aus der Bundesrepublik dürfen keine Anti-Personen-Minen mehr exportiert werden. Das Bundeskabinett beschloß gestern ein auf drei Jahre befristetes Ausfuhr-Moratorium. Dieses traf jedoch auf scharfe Kritik von Menschenrechtsgruppen, die sich für die vollständige Ächtung von Landminen einsetzen. Die Hilfsorganisation medico international bezeichnete den Beschluß als „menschenverachtende Mogelpackung“, der Beschluß der Bundesregierung ändere „rein gar nichts“. Die Entscheidung des Kabinetts ist auf die sogenannten Anti-Personen-Minen beschränkt, die nach Bekunden des Regierungssprechers „so gut wie überhaupt nicht“ in Länder außerhalb des Nato-Gebiets exportiert worden seien, jedenfalls nicht mit Ausfuhrerlaubnis. Insofern habe das Moratorium „im wesentlichen Signalcharakter an andere Länder, sich uns anzuschließen“.
Bereits im Mai hatte die Bundesregierung erklärt, sie strebe im Rahmen des UN-Waffenübereinkommens das „Verbot des Einsatzes von fernverlegten Minen ohne Selbstzerstörungs- oder Selbstneutralisierungsmechanismen“ an. Damit wären neuere Minensysteme ausgeklammert.
Die Bundesregierung hat hingegen in den vergangenen Jahren alles darangesetzt, Deutschland als Standort für die fortgeschrittenste Minentechnologie zu erhalten: Allein für 1994 sind 350 Millionen Mark für Forschung und Entwicklung von neuen Systemen im Minenbereich vorgesehen. Deutsche Hersteller wie Diehl, Rheinmetall, Junghans, Dasa und vor allem Dynamit Nobel liegen an führender Stelle bei der Entwicklung sogenannter intelligenter Minentypen. Diese Systeme sollen nach Angaben der Produzenten Freund von Feind, Kind von Panzer unterscheiden können. Sie sollen leicht verlegbar sein und aus der Ferne an- und ausgeschaltet werden können. Solche Minen wären zur „Sicherung“ von Grenzen gegen Invasoren – oder auch illegale Einwanderer – anwendbar.
Doch nicht nur medico international vermag diese Unterscheidung zwischen „bösen“ und „guten“ Minen nicht nachzuvollziehen. 85 bis 100 Millionen Minen in 60 Ländern sind die dauerhafte Hinterlassenschaft militärischer Auseinandersetzungen, die die Zivilbevölkerung auch über das Kriegsende hinaus bedrohen. In Bosnien, Angola, Kambodscha, Afghanistan sterben jährlich mindestens 15.000 Menschen an den Folgen von Minenexplosionen. Medico forderte erneut „das Verbot der Entwicklung, des Exportes und der Anwendung aller Landminen“. Auch von seiten der Grünen und einiger SPD-Abgeordneter kam Kritik an der Entscheidung, die nicht weit genug gehe.
Der Beschluß des Kabinetts kommt in der Folge einer weltweiten Kampagne für die Ächtung von Landminen. Anfang Dezember vergangenen Jahres hatte US-Präsident Bill Clinton das amerikanische Export-Moratorium für Landminen um drei Jahre verlängert. Clinton hatte zugleich die wichtigsten Minenexportländer – vor allem China, Italien, Brasilien und die Staaten der ehemaligen Sowjetunion – aufgefordert, den Handel mit diesen Waffen zu unterbinden. Am 16. Dezember rief auch die Generalversammlung der UNO zu einem globalen Verbot von Minenexporten auf. Diese Resolution hat allerdings keine bindende Wirkung. 1995 soll eine Konferenz der UNO die Wirksamkeit der bestehenden UN-Konvention gegen Landminen überprüfen.
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