: Atempause für die 23 Bezirke der Hauptstadt
■ Quer durch alle Parteien wird die Zusammenlegung der Bezirke zu größeren Verwaltungseinheiten zurückhaltend bewertet / Der finanzielle Nutzen ist umstritten
Bei der Gebietsreform, so der Reinickendorfer Bürgermeister Detlef Dzembritzki, „fangen wir derzeit wieder bei Null an“. Der Sozialdemokrat ist Mitglied jener Arbeitsgruppe seiner Partei, die unter Leitung des Landesvorsitzenden Ditmar Staffelt bis zum Herbst ein Konzept zur Neugliederung erarbeiten soll. Spätestens im Sommer 1995 will Staffelt den Komplex der Bevölkerung zur Entscheidung vorlegen. Ein ehrgeiziges Ziel, gilt doch die Zusammlegung der Bezirke als einer der heikelsten Punkte der Verwaltungsreform. Gegner und Befürworter finden sich quer durch alle Parteien. Wohlweislich wurde daher die Gebietsreform bereits in der Senatsvorlage zur Verwaltungsreform 1993 ausgeklammert. Daran hielten sich auch CDU und SPD, als sie im Februar ihrerseits Anträge zu Verfassungs- und Gesetzesänderungen einbrachten.
Im März 1992 hatte die Innenverwaltung berechnet, daß bei einer Reduzierung von derzeit 23 auf 13 Bezirke rund 166 Millionen Mark, bei 12 sogar 183 Millionen Mark jährlich eingespart werden könnten. Zahlen, die in den Bezirken selbst umstritten sind. Als einer der entschiedensten Gegner der Gebietsreform gilt der Kreuzberger Bürgermeister Peter Strieder. Der Vertreter des linken Flügels der SPD hat in einem Papier im März dieses Jahres seine Bedenken zusammengefaßt: Nicht nur, daß größere Verwaltungseinheiten die Bürger noch mehr von der offiziellen Politik distanzierten. Auch ökonomisch machen sie für Strieder wenig Sinn. Der Zusammenschluß von Bezirken zu Einheiten von dann durchschnittlich 200.000 bis 300.000 Einwohnern erfordere in der ersten Phase hohe Investitionen, um spätere Synergieeffekte zu realisieren. Die vom Senat vorgeschlagenen Außendienststellen für die Bürger, die bei der Zusammenlegung geschaffen werden sollen, machten zudem neue Leitungsebenen notwendig. Einsparungspotentiale würden so wieder verringert.
Für Strieder geht die Debatte am eigentlichen Kern, den Abstimmungdefiziten zwischen Hauptverwaltung und Bezirken, vorbei. Notwendig sei vielmehr „eine Reform der verwaltungsinternen Abläufe“. Strieder steht mit seiner Kritik nicht alleine. Die parteilose, von Bündnis 90/Die Grünen nominierte Bürgermeisterin von Hohenschönhausen, Brunhilde Dathe, will mit einer Gebietsreform bis zur Vereinigung Berlins mit Brandenburg warten. Gerade die Ostbezirke, deren Arbeit nunmehr „gut eingelaufen“ sei, hätten in den letzten Jahren eine Umwälzung nach der anderen hinter sich gebracht. „Uns reicht es langsam“, meint Dathe.
Auch innerhalb der CDU ist über die Gebietsreform noch lange nicht das letzte Worte gefallen. Ähnlich wie Dathe plädiert der Neuköllner Bürgermeister Hans- Dieter Mey und Landesvorsitzende der kommunalpolitischen Vereinigung seiner Partei für eine Verschiebung der Reform. Man dürfe nicht durch „überhastete Schritte“ die Fehler der Gebietsreform in Westdeutschland wiederholen, die in den Kommunen „vieles kaputtgemacht hat“. Ein hinter den Senatskulissen gehandelter Kompromiß, der eine Reduzierung auf 18 Bezirke vorsieht, wird in Teilen der CDU als „halbherzig“ abgelehnt. Wenn, so heißt es, dann sollte das Zwölfermodell angepackt werden. Doch ein „abschließendes Meinungsbild“, erklärt Mey, könne auch seine Partei bislang nicht vorweisen. Severin Weiland
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