Kommentar
: Goldenes Bremen?

■ Vom Inseldasein und was zu tun bleibt

Die Freiheit ruft. Es klingt, als wäre sie schon ganz nah, während die Glocken die Ära Homophobie ausläuten, daß uns die Ohren sausen. Nur uns womöglich. Nur wir spüren das Herz bis zum Hals hämmern – vor Freude, daß das Diskriminierungszeitalter in Bremen vorbei sein soll. Denn ehrlich gesagt – vor allem wir haben doch die Stündlein schlagen hören, als alles noch ein wenig anders war.

Aber reden wir von heute. Seien wir doch endlich modern: Goldenes Bremen, hier leben Lesben und Schwule locker. Das Zeitalter der Diskriminierung ist passé. HinterwäldlerInnen scheinen die, die anderes glauben, MasochistInnen, Paranoide. Gleichheit sollten wir uns auf der Zunge zergehen lassen. Süßes ist doch Nervennahrung.

Kann sein, daß wir Nervennahrung noch brauchen. Weil es eben doch schwer ist, sich von alten Regeln zu trennen und neue Rollen zu spielen. Und dafür wird es höchste Zeit. Bei aller Entwarnung von der Diskriminierungsfront – wir werden nicht geprügelt, nicht offen diffamiert, nicht angespuckt, (Ausnahmen bestätigen die Regel) – jenseits von unserem kleinen, zufriedenen Inseldasein ist noch allerhand zu tun: Das Adoptionsrecht will dringend reformiert und das Aufenthaltsrecht für ausländische, gleichgeschlechtliche LebenspartnerInnen garantiert werden. Bei der Rente ließe sich noch was tun. Und eine lesbische Bürgermeisterin als Krönung hanseatischer Liberalität wäre doch klasse. Eva Rhode