: Bericht aus Washington Von Andreas Böhm
Es geschehen noch Zeichen und Wunder: Seitdem Lucy in Washington ihr Unwesen treibt, sind die KorrespondentInnen aus Deutschland immer gut informiert. Verstehen kann ich es eigentlich nicht, da Lucy die ganze Zeit zu Hause hockt, Platten hört (Vinyl!) und sich nur mühsam ab und zu an das Faxgerät schleppt. Aber es geht ein Zauber aus von dieser Person. Der Reihe nach:
Als „Babs“ Streisand neulich – nach 20 Jahren – ihr erstes Konzert hier gab, saß Lucy drei Reihen hinter Hillary. Minuten später gingen die Meldungen um die Welt: 1. saß die Streisand in einer Kulisse aus ihren übriggebliebenen Sesseln und Couches; 2. versuchte sie leider vergebens Uhren auf die Bühne zu zaubern, die ihr Merchandising veruntreut hatte. Natürlich freute sich Lucy diebisch(!), daß es ihm gelungen war, die Weltpresse derart zu bezaubern. Aber auch ich wüßte ohne Lucys ausgeklügelten (und teilweise infamen) Informationsfluß z.B. nicht, daß es ein von Hannelore Kohl (jawohl!) eingefädeltes Geheimtreffen zwischen k. d. lang und Babs gab, bei dem k. d. gewonnen hätte. Sie (k. d.) wollte nämlich Marilyn Bergmann dazu überreden, „Yentl“ in eine Bühnenfassung zu bringen. Susan Sontag hatte Interesse gezeigt, eine Solidaritätsinszenierung für den Wiederaufbau der Brücke in Mostar mit Maria Schell in der Hauptrolle zu leiten. Da Lucy sehr gute Kontakte nach Philadelphia hat, war natürlich Camille Paglia sofort informiert, die nur einen kurzen Kommentar abgab: „Postquere Scheiße!“
Ja, so ist das Leben hier in den Vereinigten Staaten. Viel ist bisher erreicht worden (? d.Säzz), aber auch so manches steht noch aus (? H. Gremliza). Schöne Grüße an die Wattstraße!
PS.: Liebe Homo-taz-Redaktion: auch wir hier in Amerika kennen das Wort „spannend“. Aber habt Ihr nichts anderes mehr im Kopf? In euren Diskussionen dreht sich alles nur darum, ob etwas „spannend“ ist. Was nicht spannend ist, ist nicht. Das Leben nur noch ein Krimi?
PPS.: „Die Themen liegen auf der Straße“ (E. Kraushaar).
PPPS.: Lieber Micha Schulze. ein ganz, ganz lieber Gruß aus Washington. Weißt Du, wie man Dich hier heißt? „Hans Dampf in allen Gossen.“ Ist das nicht witzig? Alle kennen Dich hier noch wg. Deinem Kampf mit dem Bürgermeister in Charlottenburg (Westberlin). Neulich auf einer Party erzählte mir Mrs. Doubtfire, daß sie einen Bericht von Dir in männer aktuell (oder war es Pink Power?) gelesen hat, und ihn so unverschämt radikal (oder war es spannend?) fand – gerne würde sie Dir ihr Lieblingsrezept verraten, da Du doch jetzt ein Homo-Kochbuch schreibst. Ich mußte sie in ihrer Begeisterung für Dich doch etwas bremsen (glaube mir: leicht fiel es mir nicht!) Andererseits – wer hätte gedacht, daß Du so schnell so viel Erfolg haben würdest? Mittlerweile kann man(n) ja keine Zeitung mehr aufschlagen, ohne etwas von Dir zu lesen. Wie schön, daß Du aber nie mit Deiner Meinung hinterm Berg hälst (egal, wo Du schreibst): Das nennen wir hier in Amerika nicht zu Unrecht „investigative“! Weißt Du, was das heißt? Schau mal ins Wörterbuch. Die übersetzen das mit „Gutter“. Und das heißt auch Dachrinne. Und „Hans Dampf in allen DachrInnen“ – wer möchte das nicht sein?
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