: SPD bietet Krüger als Bauernopfer an
■ Senatsverkleinerung soll Große Koalition retten Innenverwaltung prüft erstmals Vorwürfe gegen Bonfert
Die sieben Senatoren der SPD haben gestern dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) das erste Bauernopfer angeboten. Wenn Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) – wie von der SPD gefordert – zurücktritt, will die SPD auf Jugendsenator Thomas Krüger verzichten. Die Verwaltung für Jugend und Familie, berichtete Sozialsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) der taz, würde mit ihrer Verwaltung zusammengelegt. Der Vorschlag sei in dem anderthalbstündigen Gepräch im Einvernehmen mit dem Jugendsenator unterbreitet worden – Krüger kandidiert für den Bundestag, und seine Verwaltung sollte ab Oktober nach Möglichkeit ohnehin nicht neu besetzt werden.
In der Krisenrunde im Roten Rathaus ist auch der Tausch Heckelmann–Klemann erörtert worden. Heckelmann würde zum Schulsenator, der jetzige Schulsenator Jürgen Klemann (CDU) zum Innensenator ernannt. Doch dieser Vorschlag sei von SPD- Seite „nur belustigt“ zur Kenntnis genommen worden, so Stahmer. Sie dementierte, daß der Vorschlag von CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky erörtert worden sei, die Justizverwaltung mit Inneres zu verschmelzen.
Aber auch auf seiten der CDU gibt es Bewegung: Heckelmann gab gestern erstmals indirekt zu, mit der Nichtprüfung der Hinweise von Polizei und Verfassungsschutz über Kontakte seines Pressesprechers zu Rechtsextremisten einen Fehler begangen zu haben. Gestern sei es zum ersten Mal zu einem Treffen zwischen der Spitze der Innenverwaltung und den Polizisten gekommen, die Heckelmanns Sprecher beobachtet hatten, sagte der Sprecher der CDU- Fraktion, Markus Kauffmann. Über den Inhalt des Gesprächs war bis Redaktionsschluß nichts zu erfahren. Kauffmann zeigte sich zuversichtlich, daß Heckelmann mit diesem Schritt eine Bedingung der Sozialdemokraten erfüllt habe und die Große Koalition in der kommenden Woche fortgesetzt wird wie bisher: mit Heckelmann und „nach einem Händedruck“. Trotz eines Aufweichens der Fronten auf beiden Seiten gestalten sich die Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern zäh. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) soll gestern auf die Idee „Bauernopfer“ nicht eingegangen sein. Die CDU, die die Koalition nur mit Heckelmann fortsetzen will, möchte bei den Verhandlungen aber Zeit gewinnen. Aus ihren Reihen wurde gegenüber der taz betont, daß die Koalition nicht mit dem Einbringen eines Mißtrauensantrags durch die SPD beendet sei – sondern erst, wenn die Sozialdemokraten Heckelmann das Mißtrauen aussprechen. Dadurch würden für Verhandlungen mindestens vier Tage gewonnen. Denn das Parlament stimmt frühestens am Montag, spätestens Dienstag über einen solchen Antrag ab. Für einen dieser Tage plant Parlamentspräsidentin Hanna-Renate Laurien die Sondersitzung des Abgeordnetenhauses. Dirk Wildt
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