piwik no script img

Bloß Kosmetik

■ Der Ex-"Tagesthemen"-Moderator Hajo Friedrichs arbeitet jetzt als Medienberater für SPD-Kanzlerkandidat Scharping

Bereits seit Jahren steht der frühere Bild-Chef und Regierungssprecher Peter Boenisch Helmut Kohl in Wahlkampfangelegenheiten regelmäßig mit Rat und Tat zur Seite. Die SPD konnte jetzt ihrerseits einen ausgewiesenen Journalisten für diesen Job verpflichten: den ehemaligen „Mr. Tagesthemen“ Hanns Joachim Friedrichs. Seit zwei Wochen gehört der TV- Profi zum Beraterstab des Herausforderers Rudolf Scharping.

Friedrichs und Boenisch trafen sich letzten Sonntag in der Bar des Sylter Golfklubs „Favorite“. Den informellen Meinungsaustausch der beiden geben wir hier in leicht gekürzter Form wieder.

Boenisch: Mein lieber Friedrichs, Ihr Handicap in Ehren, aber Sie glauben doch nicht ernsthaft, daß Sie aus dem Scharping noch was machen können?

Friedrichs: Wieso eigentlich nicht? Der Rudolf entwickelt sich doch hervorragend. In Halle hat er seine Sache ganz prima gemacht. Wie er da oben auf dem Podium stand und mit fester Stimme sagte „Helmut Kohl muß weg“, das hatte Wehnersches Format... Die gestische Bestimmtheit, der sprachliche Impetus – dahinter steckt hartes Training. Wir haben mit der Sprecherziehung ja gerade erst angefangen: (skandiert) Jetzt geht's lohoos, jetzt geht's lohoos...

Boenisch: Ja, ja, das dachten wir 1976 auch, und dann hat uns der alte Satansbraten Schmidt mit der FDP doch noch mal über den Tisch gezogen. Das war, bevor ich Helmut die neue Optik verordnet hatte. So eine Brille mit Elastikbügeln, Sie wissen schon...

Friedrichs: Ja, das kenn' ich. Unter uns gesagt, es hat viel Schweiß und Tränen gekostet, bis sich Rudolf endlich von seinem Fielmann- Gestell trennen konnte. Der glaubte ernsthaft, das Ding gäbe ihm was arbeitnehmermäßiges. Gucken Sie ihn sich jetzt mal mit der neuen von Alain Mikli an – das ist Physiognomie pur...

Boenisch: Mag sein, aber in puncto Medienpräsenz kommt der Mann doch als sozialistische Vollbremsung rüber. Der hat Scheibenbremsen in den Socken – und null Charisma hinter dem roten Läusefilz!

Friedrichs: Mein Lieber, ich muß doch bitten, das Bart-Trimming haben wir jetzt voll im Griff. Letzthin habe ich endlich rausgefunden, wo Genosse Rudi seine Fußnagelschere versteckt hatte. Der konnte es einfach nicht lassen, selber an sich rumzuschnippeln. Muß irgendein Jugendtrauma sein oder so. Zum Glück haben wir jetzt diese Frisöse aus Niederelbert engagieren können. Die kommt jeden Morgen mit einem Remington. Eine Spezialanfertigung. Der Thierse ist auch schon ganz scharf darauf.

Boenisch: Nee, solche Probleme haben wir nicht. Einmal im Jahr wird über den Wolfgangsee gerudert. Das macht den Dicken wieder dünn. Eine Kartoffeldiät wirkt ebenfalls Wunder. Das kriegen Sie von mir als Geheimtip, sozusagen als Feindinformation, einfach nur Kartoffeln. Gekocht, gebraten oder als Salat... (lacht hoenisch)

Friedrichs: Letztlich ist das alles ja bloß Kosmetik. Wir wollen natürlich auch die inneren Werte rüberbringen. Ich sag' dem Rudolf immer wieder: sei heiter und gelassen, geh unverkrampft auf die Leute zu. Trag das nach außen. Wenn es dir gelingt, die heitere Lebensart, die du eigentlich hast, auch öffentlich zu zeigen, dann wird dir das nützen. Am Ende mögen die Wähler doch den Politiker am liebsten, in dem sie sich selber wiederfinden.

Boenisch: Ganz genau, bleibt die Frage, in wem sie sich lieber wiederfinden mögen. Im Kohlschen Kyffhäuser oder in eurer Schrumpfdüne Scharping. (Er klopft F. auf die Schulter und lacht abermals hoenisch.) Hajo, warum siezen wir uns eigentlich noch, in der Sache sind wir uns doch einig? Nenn mich einfach Pepe...

Friedrichs: ...wo du recht hast, hast du recht. Sag mal, Pepe, wie ist das bei euch eigentlich mit der Bezahlung? Ich mein' nicht deine Steuergeschichte. Klar, das war bitter, deswegen als Regierungssprecher gehen zu müssen... Nein, ich mein', was steckt dir der Dicke denn jetzt so zu?

Boenisch: Das is' schon ein rundes Sümmchen – dafür kriegt der von mir aber auch erstklassige Arbeit. Ich bin mein Geld wert. Damals, als ich die Idee für Bravo hatte, und das Heft bei den Teenies so dermaßen einschlug, spätestens da war mir klar, daß ich zu Größerem berufen bin, als irgendwelche Artikelchen zusammenzupinseln.

Friedrichs: Ich hab' erst mal auf ein Honorar verzichtet. War vielleicht dumm, aber ich seh' das als Freundschaftsdienst für die Partei. Mensch, Pepe, ich bin ein Überzeugungstäter. Andererseits, wer weiß, was der Rudi mit mir vorhat, wenn er erst mal Kanzler ist. Wie war das denn so mit deinem Sprecher-Job in Bonn?

Boenisch: Ach, Hajo, es war schon eine verdammt gute Zeit... Heben wir jetzt noch einen, oder gehen wir noch ein paar Kugeln einputten? mum

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen