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Deutsche Soldaten bald schon in aller Welt?

■ Auslandseinsatz der Bundeswehr schon in naher Zukunft denkbar

Berlin (taz) – Zwar ist die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Auslandseinsätzen der Bundeswehr jetzt im Sinne der Befürworter solcher Operationen geklärt. Doch deren Freude über den gestrigen Sieg vor dem Bundesverfassungsgericht dürfte schon bald getrübt werden. Möglicherweise noch vor der Bundestagswahl könnten die konkreten Auswirkungen des Karlsruher Urteils zu heftigen Auseinandersetzungen im Inland und zu Reibereien mit verbündeten Staaten führen. Am Ende bringt der gestrige Etappensieg der Bundesregierung im Wahlkampf am 16. Oktober vielleicht sogar Stimmengewinne für die Oppositionsparteien.

Bei stetig wachsendem Bedarf an Truppen für Peace-keeping-Organisationen erhält die UNO derzeit immer weniger verbindliche Zusagen von Mitgliedsstaaten zur Bereitstellung von Soldaten. Vor allem mangelt es an Staaten, die angesichts der leeren Kassen der UNO in der Lage wären, den UNO-Einsatz ihrer Soldaten vorzufinanzieren. Deshalb könnte der Bundesregierung schon sehr bald eine konkrete Anfrage von UNO- Generalsekretär Butros Ghali zur Bereitstellung von Bundeswehrsoldaten ins Haus flattern. Möglicherweise für Bosnien oder für Ruanda.

In Bosnien werden nach bisherigen Planungen der UNO 50.000 zusätzliche Unprofor-Soldaten gebraucht für die Umsetzung und Überwachung eines Abkommens zwischen den Kriegsparteien. Und zwar unmittelbar nach der Vereinbarung eines Abkommens. Die USA sind inzwischen immer weiter von ihrem Versprechen abgerückt, 25.000 GIs zu entsenden. Statt dessen wurden – schon vor dem Karlsruher Urteil – in Washington immer deutlichere Erwartungen an ein militäriches Engagement der Deutschen im UNO-Rahmen formuliert. Frankreich, Großbritannien und Kanada haben eine Aufstockung ihrer bisherigen Unprofor-Kontingente bereits abgelehnt. Gilt nach dem Karlsruher Urteil immer noch die letztes Jahr von den Ministern Kinkel und Rühe ausgegebene Linie, wonach auch nach Beseitigung aller verfassungrechtlichen Hindernisse eine Teilnahme deutscher Soldaten an UNO-Missionen in Ex-Jugoslawien „aus historischen Gründen ausgeschlossen“ bleibt? Eine Variante, die hinter den Kulissen bereits diskutiert wird: Frankreich zieht sich aus Ruanda zurück, bleibt aber in bisheriger Stärke in Bosnien, Deutschland schickt dafür ein großes Bundeswehrkontingent in eine UNO- Truppe für Ruanda.

Ob Ruanda, Bosnien oder irgendein anderer Ort der Welt: die Bundeswehr ist bisher überhaupt nicht auf Auslandseinätze vorbereitet. Die Ausbildung der für derartige Operationen vorgesehenen 50.000 „Krisenreaktionskräfte“ beginnt jetzt erst und soll drei Jahre dauern. Wobei unklar ist, ob und mit welcher Gründlichkeit in dieser Ausbildung auch die entscheidenden Fähigkeiten der Vermittlung zwischen Konfliktparteien eingeübt werden. Bei den Beratungen um den nächsten Bundeshaushalt dürfte es heftigen Streit um die Höhe der Militärausgaben geben. Kein Zweifel, die Hardthöhe wird unter Verweis auf das Karlsruher Urteil zusätzliche Haushaltsmittel in zweistelliger Milliardenhöhe fordern. azu

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