: Die Liga Nord probt den Aufstand gegen Berlusconi
■ Korruptionserlaß empört Minister und Bürger
Rom (taz) – Mit Tomaten, faulen Eiern und Münzen empfingen empörte BürgerInnen am Wochenende vor den Gefängnistoren die ersten der Korruption verdächtigen Politiker und Manager, die durch das von der Regierung Berlusconi erlassene Sonderdekret aus der Untersuchungshaft entlassen wurden und statt dessen unter Hausarrest stehen. Bislang kamen mehr als 1.500 Personen aus den Gefängnissen. Gut zwei Drittel davon saßen wegen Korruptionsverdacht ein.
Gerade zwei Monate im Amt, steht die Rechtskoalition aus Forza Italia, Neofaschisten und Liga Nord vor ihrer ersten großen Zerreißprobe: Nicht zuletzt unter dem Druck der Öffentlichkeit – acht von zehn Italienern mißbilligen den Erlaß – sind die Koalitionspartner Berlusconis auf Distanz zu dem in einer Nacht-und-Nebel- Aktion erlassenen Dekret gegangen. Vertreter der Neofaschisten und der Liga Nord verlangen die Wiederaufnahme der Korruption in den Katalog der Vergehen, für die U-Haft angeordnet werden kann. Allen voran hat der von den Ligen gestellte Innenminister Roberto Maroni am Samstag seinen Rücktritt angekündigt, wenn das Dekret nicht geändert werde. Maroni sprach von einem „Betrugsmanöver“, weil der endgültige Text weitgehend von dem im Kabinett beschlossenen abweiche: „Sie haben micht betrogen, verraten, ich bin bereit, mein Amt niederzulegen.“ Noch gestern abend wollte die Liga Nord über den Rückzug Maronis aus dem Kabinett entscheiden. Dies würde zugleich den Ausstieg der Liga aus der Rechtskoalition und den Verlust der parlamentarischen Mehrheit für Berlusconi bedeuten. Die Liga hatte die Regierungsbildung von der Berufung Maronis zum Innenminister abhängig gemacht.
Andererseits hat Justizminister Biondi, der für das Dekret verantwortlich zeichnet, seinerseits den Rücktritt angedroht, sollte der Erlaß verändert werden. Berlusconi selbst erklärte gestern, es kämen nur solche Veränderungen in Betracht, die noch weitere Haftentlassungen ermöglichten. Bringe das Parlament bei der nun fälligen Debatte das Dekret zu Fall, werde er zurücktreten und Neuwahlen ansteuern. Werner Raith Seite 8
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