■ Mit der Kammerpolitik auf Du und Du: Ablenkungsmanöver
Morgens noch auf einer wenig informativen Pressekonferenz, abends schon auf der Vollversammlung der Angestelltenkammer. Irmtrud Gläser, Präsidentin eben jener aus Zwangsabgaben finanzierten Einrichtung, stellte gestern eine Studie über die „rechtsberatende Begleitung von Berufsrückkehrerinnen“ vor. Sie freute sich, „endlich wieder mit einem Sachthema an die Öffentlichkeit zu gehen“. Kaum Neues wurde da präsentiert. Am interessantesten noch, daß die bereits im November 1993 erschienene Untersuchung erst jetzt öffentlich vorgestellt wurde. SachbearbeiterInnen, BeraterInnen und DoztentInnen der Kammer und des Arbeitsamtes hatten die Antworten auf knifflige juristische Fragen schon im Februar erhalten. Die in einer Auflage von 70 Stück gedruckte Studie soll schließlich in allen juristischen Zweifelsfällen eine treue Begleiterin für die in der Frauenweiterbildung Arbeitenden sein.
Leider müssen sie sich durch eine prosaische Untersuchung wälzen, können nicht schnell in einem Rategeber die wichtigsten Punkte nachschlagen. Die Sachbearbeiterin für Frauenfragen konnte auch nicht sagen, warum das so sei. Und sie wären erst so spät damit ans Licht gekommen, weil „sie nicht wußten, wer die Studie hätte vorstellen können“.
Dafür fand sich dann wohl in letzter Minute die Senatorin für Arbeit und Frauen, Sabine Uhl, bereit. Stolz verkündete sie die Erfolge der Weiterbildungsarbeit in Bremen, die ganz besonderen Vorzüge des hiesigen Modells. Die Politikerin hatte im Gegensatz zu den mit Prüfung der Bücher und Akten beschäftigten KammerarbeiterInnen kurzfristig Zeit. Am 15. Juli ging die Einladung raus, heute schon trafen sich die um den Erhalt der Kammer besorgten Frauen. Ganz nebenbei konnten sie wunderbar einfließen lassen, daß die „EU-Kontrolleure unangemeldet letzte Woche da waren“ und die Bücher der Kammer überprüft hätten. Senatorin Uhl bekam noch bei der Nacherzählung glänzende Augen, ganz „begeistert über die Bremer Aktivitäten“ seien die Herren aus Brüssel gewesen. fok
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