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Drei Tage Zirkus pur

■ 15 Kinder erleben mit der „Mobilen Spielaktion“ und dem Zirkus Zaretti den Artistenalltag Von Tammo Löffler

Jenny freut sich. „Ich find's gut hier“, sagt sie. Blauer Himmel, grüne Wiese, strahlende Sonne und nebenan ein Planschbecken, in dem Jenny, Nana und die anderen Kinder toben. Die 15 Mädchen und Jungen erleben gerade tolle Tage, denn sie dürfen beim Circus Zaretti mitmachen. Drei Tage und Nächte leben sie mit den Zirkusleuten, füttern Tiere, werden zu Clowns, helfen den Beleuchtern, jonglieren, arbeiten als Platzanweiser und, last but not least, machen mit bei der Aufführung.

Das Projekt „Mobile Spielaktion“, daß den Ausflug ins Artistenleben ermöglicht, gibt es bereits seit 1991. Initiator ist der Verein „Hilfe für alkoholgefährdete Kinder und Jugendliche“, der Kinder aus Asylbewerberheimen herausholen möchte. Zahlreiche Aktionen werden den Flüchtlingskindern geboten, die aufregendste ist sicher das Zirkuszeltlager.

Projektleiterin Christiane Stein, eine der beiden hauptamtlichen Streetworkerinnen des Vereins, geht direkt in die Einrichtungen. „Wir holen die Kinder dort ab, wo sie sind“, sagt Stein. Mit zwei Kleinbussen werden die Kinder direkt aus den meist abseits gelegenen Unterkünften in Jugendfreizeitheime, Schwimmhallen, Kinos oder ins Theater gefahren.

Nanas Traum ist es, ein bärenstarker Gewichtheber zu sein. Das probt er fleißig mit den Artisten und lernt gleich ein paar Tricks: die Gewichte zum Beispiel sind eigentlich federleicht. Sehr lange übt der Junge allerdings nicht, denn schon wieder lockt das Planschbecken und der Wettlauf durchs Wasser mit Tobepartnerin Jenny muß unbedingt sofort gestartet werden. Tja, 17 Sekunden beide, aber gewinnen ist hier nicht wichtig. Es geht mehr ums Spielen.

Die „bunten Kinder“, erzählt Christiane Stein, kennen häufig so etwas wie Bauspielplätze oder Schwimmbäder nicht, da es in ihrer Heimat solche Einrichtungen schlichtweg nicht gibt. Um die Kinder einzugliedern und ihnen Begegnungen mit „einheimischen“ Kindern zu ermöglichen, arbeiten die Pädagoginnen eng mit stadtteilnahen Initiativen zusammen. So steht beispielsweise in den nächsten Tagen ein gemeinsamer Besuch mit Kindern eines Bauspielplatzes im Schwimmbad an. Denn Stein weiß: „Gemeinsame Erlebnisse, sei es nur Rutschen oder auch Spielen, bauen Berührungsängste ab, da merken die Kinder, die sind ja gar nicht anders als wir“. Die Pädagogin sieht nämlich andernfalls eine große Gefahr: „Wenn diese Kinder nicht in die Gesellschaft integriert werden, dann sind sie die nächste Generation der Dealer und Kriminellen.“

Wer sich die Künste der Kinder sowie den Mitmachzirkus Zaretti einmal angucken möchte, kann dies in der täglichen Vorstellung um 14.30 Uhr noch bis zum 7. August auf der Meenkwiese (U-Bahn Lattenkamp) tun.

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