Dschungel
: Staatsrat als „Sheriff von Nottingham“

■ Gerold Janssens Eilantrag wird im Unterholz des Senats rumgereicht

„Eilantrag“, steht in dicken Lettern über dem Brief (siehe taz 10.8.), den Gerold Janssen am 8.8. an die SenatorInnen für Umweltschutz, Inneres, Kunst, Wirtschaft und Bauwesen schickte. Er möchte, bringt der mehrfach zu Geldstrafen verurteilte „Haus- und Straßenmaler“ zum Ausdruck, zukünftig legal den „Grasfrosch, nackt“, die „schwirrende Mosaikjungfer“ und die „Sumpfohreule bei Mondschein“ auf das Bremer Plaster malen. Begründung: Die Besuche kunstbeflissener BürgerInnen, die voraussichtlich „von nah und fern“ zusammenströmen, um die bedrohten Überreste einer immerhin künstlich überlebenden Flora und Fauna zu bewundern, würden den gebeutelten städtischen Haushalt auffüllen. Außerdem könnten sich die solcherart zu Umweltbewußtsein Erweckten zusammenschließen, um die Uni-Ost zu retten.

Wahrscheinlich ahnte der Verfasser, daß er für Chaos in der Behörde sorgen würde. Tatsächlich will diesen Eilantrag niemand haben, geschweige denn bearbeiten. Wo also ist der Brief gelandet? Wahrscheinlich beim Stadtamt, doch der stellvertretende Pressesprecher Herr Heim ist des Antrages unkundig. Also flugs gefaxt. Doch selbst das Fax verschwindet, erst der zweite Versuch klappt und bringt auch den ersten wieder zum Vorschein. Nun kann Herr Heim die Sache prüfen. Ergebnis: „Für den Antrag sind wir nicht zuständig.“ Es handele sich hier um keinen Antrag auf Sondernutzung, daher sei das Amt für Straßen- und Brückenbau zuständig, genauer, Herr Göttsche.

Doch auch der, erfahren wir am nächsten Tag, kennt den Antrag nicht, den wir ihm also zufaxen. Das klappt gleich beim ersten Mal. Umsonst, denn zuständig, versichert Göttsche, sei er nicht. Spricht's, und verweist an Rainer Imholze, Pressesprecher des Bausenates. Der wiederum gibt weiter an Professor Dr. Jürgen Lüthge, der nicht nur den Fall kenne, sondern, wie schön, bereits eine Stellungnahme formuliert habe. Jürgen Lüthge, Staatsrat des Senators für das Bauwesen, schickt uns das gerne zu, doch was lesen wir? „Dem Stadtamt als zuständiger Behörde für Sondernutzungen liegt ein Antrag von Herrn Janssen vor, der biologische Motive auf die Straße malen möchte.“ Und bitte wer genau beim Stadtamt ist zuständig? „Herr Heim.“ Womit wir wieder am Anfang stehen. So kann es ausgehen, das Schicksal eines Eilantrages.

Angesichts des Kreistanzes von Kompetenzen erscheint die Wertung, die Staatsrat Lüthge trotz Nicht-Zuständigkeit gegenüber der taz vornimmt, unerwartet mutig. „Wenn erst einmal ein Antrag zur politischen Malerei genehmigt worden ist, wird man andere Anträge von rechts bis links überhaupt nicht mehr ablehnen können.“ Außerdem könnten noch anhängige Ordnungswidrigkeiten Gerold Janssens dann nicht mehr verfolgt, Schadensersatzforderungen nicht eingeklagt werden. Im Übrigen hege er eine jahrelange Sympathie zu Gerold Janssen. „Aber wer sich wie Robin Wood im Sherwood Forest in sozialem Ungehorsam übt, der muß nicht meinen, daß er vom Sheriff von Nottingham eine offizielle Erlaubnis dafür kriegt.“ dah