Top-Waffenschieber Triebold?

■ Staatsanwalt in München ermittelt weiter / Atlas-Chef Triebold schweigt

„Der Gesamtkomplex ist noch offen“, so blumig drückt sich der leitende Münchener Oberstaatsanwalt Emrich aus, wenn man ihn nach dem Stand der Ermittlungen in Sachen Prof. Triebold fragt. Das Verfahren gegen insgesamt 16 Beschuldigte werde möglicherweise im September zu einem „gemeinsamen Abschluß“ geführt. Oder erst im Oktober.

Die Auskunft könnte zumindest soviel bedeuten: Offensichtlich unbegündet waren die Vorwürfe gegen den Vorsitzenden der Geschäftsführung von Atlas Elektronik nicht, er sei in illegale Waffen-Exportgeschäfte verwickelt. Triebold ist Teil des - wie der Staatsanwalt das ausdrückt - „Beziehungsgeflechtes“, gegen das die Staaatanwaltschaft seit mehreren Monaten ermittelt. Triebolds Arbeitszimmer und seine Privatwohnung waren Anfang Mai durchsucht worden.

Triebold selbst, der auch im Vulkan-Vorstand sitzt, hatte im Mai noch gegenüber JournalistInnen erklärt, er wolle zu den völlig aus der Luft gegriffenen Vorwürfen Stellung nehmen und alles aus der Welt räumen, wenn er Akteneinsicht gehabt habe. Das ist längst geschehen, Triebold wurde auch von der Staatsanwaltschaft vernommen - und lehnt inzwischen jegliches JournalistInnen-Gespräch ab. Die Pressestelle des Unternehmens lehnt jegliche Stellungnahme ab, der Anwalt der Jutta Simon lehnt jegliche Auskunft ab.

Im Zentrum des „Beziehungsgeflechtes“ steht offenbar die Triebold-Freundin Jutta Simon, über deren Kontakte der Stern in der vergangenen Woche Neues zu berichten wußte. Bild am Sonntag hatte 1992 über ein angebliches Gespräch mit Jutta Simon über ihre Karriere vom Münchener Fotomodell zur „Waffenhändlerin der Welt“ berichtet - über ihren Anwalt hat sie aber einige wörtliche Zitate des Zeitungsberichtes schlicht bestritten. Der Stern zeigt nun - unbestritten - sehr viel weitergehende Verbindungen auf: Jutta Simons Liechtensteiner Firma, die Textor-Aktiengesellschaft, werde von einem repräsentiert, der schon dem Giftgas-Fabrikanten Hippenstiel-Imhausen geholfen hat, schreibt der Stern - und dem Stasi-General Schalck-Golodkowski. 1988 habe sie selbst sich in Ostberlin vorgestellt und sich um ein Gespräch mit Schalcks Waffenschieber-Firma Imes bemüht - die Stasi, durchaus interessiert, vermerkte das Begehren akribisch zusammen mit Simons Selbstdarstellerung in ihren Akten: Sie konzentriere sich, notierte die Stasi ihr Selbstlob, „auf lateinamerikanische und arabische Länder“ und sei gerade erst aus Jordanien zurückgekommen. Das war noch untertrieben: Panzer aus Ägypten und Maschinengewehre aus Südafrika gingen an Argentinien, wußte die Süddeutsche Zeitung zu berichten, Hubschrauber gingen „geschwaderweise“ an die philippinische Regierung, die damit die Mindanao-Rebellen bekämpfen wollte.

In Bonn war Jutta Simon Mitglied der Gesellschaft für Wehrtechnik, in München Mitglied im Wirtschaftsbeirat der CSU. Persönlich bekannt war sie dem CSU-Vorsitzenden und MBB-Aufsichtsrat Franz-Josef Strauß. Dieser Aufsichtsrat spielte in Triebolds Karriere eine große Rolle: Er berief Triebold in den MBB-Vorstand.

Natürlich ist Triebold nicht der einzige Manager aus der Rüstungsindustrie, mit dem Jutta Simon gute Kontakte hielt - die zu Triebold sind aber besonders gut. Der von München nach Bremen übergesiedelten Atlas-Chef Triebold, weiß der Stern, fuhr mit Jutta Simon auch privat weg - etwa zu den Salzburger Festspielen. Strafbar ist das sicherlich nicht. Als die Münchener Staatsanwaltschaft den begründeten Verdacht hatte, daß da am Telefon auch illegale Rüstungsgeschäfte besprochen wurden, beantragte sie bei Gericht die Telefon-Überwachung. Strafbar könnte der Versuch sein, unter dem Tarnnamen „Zuckerfabrik“ eine Großanlage über Brasilien in den Iran zu liefern. Wenn die Münchener Ermittler sich sicher sind, was hinter der Tarnung versteckt werden sollte, dann dürfte es schnell zu einem Abschluß des Ermittlungsverfahrens kommen. K.W.