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Meilenweite Strecke bis zum neuen 218

■ Pessimismus vor neuer Gesprächsrunde über Paragraph 218 / Keine Einigung mehr in dieser Legislaturperiode?

Bonn (taz) – Die Erfolglosstory um das neue Abtreibungsrecht geht weiter: Nach der Sommerpause begann gestern in Bonn eine neue Gesprächsrunde zwischen Koalition und SPD. Erstmals tagten die VerhandlungsführerInnen im Rahmen einer Bund-Länder- Arbeitsgruppe, um einen Kompromiß zur Neuregelung des Paragraphen 218 für den Vermittlungsausschuß vorzubereiten.

Der Vermittlungsausschuß zwischen Bundestag und Bundesrat wurde von der Koalition angerufen, nachdem Anfang Juli der Bundesrat mit SPD-Mehrheit den Regierungsentwurf zum 218 abgelehnt hatte. Dieser war zuvor im Bundestag mit den Stimmen der Koalition verabschiedet worden.

Bereits vor Gesprächsbeginn zeigten sich die VerhandlungsführerInnen mit gedämpften Erwartungen – eine nicht unrealistische Einstellung. Denn die Standpunkte von Koalition und SPD liegen nach Monaten des Tauziehens um einen gemeinsamen Entwurf immer noch auseinander, „meilenweit“, wie Inge Wettig-Danielmeier, Verhandlungsführerin der SPD, realistisch einschätzt. Dissens besteht nach wie vor bei der Strafbewehrung für das familiäre Umfeld, beim Charakter der Pflichtberatung, bei zusätzlichen Indikationen und bei der Finanzierung des Abbruchs für bedürftige Frauen – Punkte, die allesamt auf der Mängelliste des Verfassungsgerichtsurteils standen.

Am ehesten scheint mittlerweile eine Annäherung in der Finanzierungsfrage möglich. Beharrte die Koalition noch vor der Sommerpause auf der Finanzierung via Sozialhilfe, sieht nun CSU-Verhandlungsführerin Ursula Männle in diesem Punkt für die Union Bewegungsspielraum. Auch Inge Wettig-Danielmeier deutete gegenüber der taz Kompromißbereitschaft seitens der SPD an. Der sozialdemokratische Gesetzentwurf sieht eine Finanzierung über ein Bundesleistungsgesetz vor. Demnach soll auch der Abbruch über die Krankenkassen laufen, die die Kosten dann vom Bund zurückerstattet bekommen.

Viel Arbeit also für die Bund- Länder-Arbeitsgruppe. Deren Verhandlungsbeginn war deshalb bereits für Mitte August vorgesehen. Doch Vermittlungsausschußvorsitzender Heribert Blens (CDU), für die Einberufung der Arbeitsgruppe zuständig, sowie Teile der Verhandlungsführung der Koalition kehrten erst letzte Woche aus den Ferien zurück. Zeit wurde also verplempert – um so ärgerlicher, als nun nur noch wenige Tage bleiben, bis der Vermittlungsausschuß am Mittwoch nächster Woche tagt. Sollte der keinen Kompromiß zuwege bringen, wäre dies praktisch das Aus für eine Neuregelung des Paragraphen 218 in dieser Legislaturperiode. Denn bis zur Wahl im Oktober sind nur noch zwei Sitzungswochen für den Bundestag vorgesehen. Und ob da eine gemeinsame Fassung zustande kommt, ist mehr als zweifelhaft. Myriam Schönecker

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