: "Schulamt ist Belastung"
■ Nach Zustimmung zum Landesschulamt wirft GEW-Chef der SPD Prinzipienlosigkeit vor / Bezirks-SPDler sind verhalten
Die SPD hat ihr Ziel einer dezentralen, bürgernahen Verwaltung aufgegeben. Dies warf gestern der Vorsitzende der GEW, Erhard Laube, der Partei vor, weil ihre Fraktion dem umstrittenen Landesschulamt zugestimmt hat (taz von gestern). „Wer den Bezirken die Zuständigkeit für ihren größten und wichtigsten Bereich – nämlich die Schule mit ihren Lehrern – nimmt, gibt das Ziel einer Verwaltungsreform auf“, schimpfte Laube. Die Bezirke haben derzeit die Aufsicht über 33.000 Lehrer. Laube bezweifelte die Notwendigkeit eines zentralen Amtes. Die Große Koalition baue „einen Popanz“ auf, wenn als Begründung für das Amt angeführt werde, anders sei die bezirksübergreifende Versetzung von Lehrern nicht möglich. Denn für diese Aufgabe sei bereits die Hauptverwaltung zuständig. Erst lasse CDU- Schulsenator Klemann die Suppe anbrennen, „dann will er einen neuen Herd“. Der Pragmatismus der SPD in dieser Frage verkomme zur Prinzipienlosigkeit.
Überraschend zurückhaltend reagierten SPD-Bezirksbürgermeister auf den Fraktionsbeschluß. Detlef Dzembritzki aus Reinickendorf hatte am Montag abend auf der Klausur zwei Stunden lang gegen das Amt argumentiert. Im Auftrag seiner Kollegen aus den anderen Bezirken hatte er vorgeschlagen, statt des neuen Amtes 23 Stellen in den Bezirken und weitere Stellen in der Schulverwaltung zu streichen, um so die geforderten 11 Millionen Mark einzusparen. Doch zur ablehnenden Entscheidung der Fraktion wollte er sich nun nicht einmal mehr äußern: „Ich lasse mich nicht auf parteiinterne Diskussionen ein.“ Das Landesamt sei ein Problem innerhalb der Großen Koalition, so der Kommunalpolitiker. Weddings Bürgermeister Jörg- Otto Spiller konnte sich immerhin den Satz abringen: „Ich will nicht sagen, daß ich zufrieden bin.“
Bündnis 90/Die Grünen unterstützten die Kritik der GEW. Die SPD dokumentiere, daß ihr die Politikfelder Bildung und Schule als „vernachlässigbare Größe“ erscheinen, sagte die bildungspolitische Sprecherin Sybille Volkholz. Sie warnte davor, daß gegen die Machtposition des künftigen Landesschulrates und eines Leiters des Schulamtes – beide dann von einem CDU-Senator ernannt – ein Parlament und ein gewählter Minister nur wenig ausrichten könnten. Für die geplante Fusion mit Brandenburg sei das Amt eine Belastung. 16 Kreisen, die im Schnitt für jeweils 2.000 bis 4.000 Lehrkräfte zuständig seien, würde eine Berliner Superbehörde für 33.000 Lehrer entgegengesetzt. Dirk Wildt
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